Zunehmend beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Darmflora – heute als Mikrobiom bezeichnet. Es geht also um die Vielzahl von Bakterien (Bakteriengemeinschaft) im Verdauungstrakt. Man ist sich inzwischen darüber einig, dass die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft mit entscheidend dafür ist, ob ein Mensch übergewichtig ist oder zu Krankheiten, wie Diabetes oder Herzkreislaufproblemen neigt.
Besonders das Immunsystem ist auf das Gleichgewicht von nützlichen und krankmachenden Bakterien angewiesen. Ist das Gleichgewicht gewährleistet, werden viele Enzyme produziert, die wiederum an der Herstellung von Vitaminen und kurzkettigen Fettsäuren beteiligt sind. Zum Beispiel aus den Vielfachzuckern (Polysaccharide) Arabinogalactan oder Hemizellulose (in Pflanzen vorkommend) entsteht die kurzkettige Fettsäure Butyrat, die für eine intakte Darmschleimhaut überaus wichtig ist. Möglicherweise schützt Butyrat auch vor Krebs. Bei der Vergärung von diesen schwerverdaulichen Polysacchariden entsteht auch Acetat, das für die Förderung der Schleimhautdurchblutung verantwortlich ist.
Aufgrund der Fähigkeit, die natürlichen Killerzellen zu stimulieren, können verschiedene Entzündungsprozesse verringert werden. Unser Immunsystem wird also angeregt, wodurch sich unsere Gesundheit stabilisiert bzw. zurück erlangt werden kann. Ist das Bakteriengleichgewicht dagegen im Darm gestört, können Adipositas, Diabetes (Typ II), Rheuma und Krebs begünstigt werden. Hilfreich sind im Dickdarm auch die Probionitbakterien, die meist ohne Sauerstoff leben können. Sie helfen wahrscheinlich dabei, das Gleichgewicht der nützlichen und schädlichen Bakterien in der Bakterienpopulation aufrecht zu erhalten.
[wp-svg-icons icon=»point-right« wrap=»i«] Schon gewusst? Bei der Geburt des Kindes ist der Darm des Kindes keimfrei. Die erste Besiedlung von Mikroorganismen erfolgt von der Vagina und der Umgebung der Mutter. Bei „Brustkindern“ dominiert Bifidobakterium bifidus, bei Kindern mit Flaschennahrung Lactobacillien. Die Umstellung der Nahrung führt zu einer Veränderung der Bakteriengemeinschaft.
Ernährung – entscheidend für einen gesunden Darm
»Die Nahrung ist der wichtigste Träger von Mikroorganismen und vor allem die Nährstoffquelle für das Mikrobiom.« (Maria De Angeles – Expertin an der University of Bari Aldo Moro) Sie stellte in Studien klar heraus, dass pflanzliche Nahrung zu einer großen Bakterienvielfalt im Darm führt. Das heißt, viel Getreide wie Hafer, Roggen oder Weizen sind wichtig für die Darmbakterien. Besonders nützliche Bifidobakterien und Lactobacillus vermehren sich stark, wenn die Polysaccharide wie z.B. Lärchenarabinogalactan (LAG) zur Verfügung stehen.
Da war doch was – Gluten
Außer Frage steht, dass Menschen, die nachgewiesenermaßen an glutenbedingter Enteropathie (Zöliakie) leiden, somit das Klebereiweiß von Getreidearten wie Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste und glutenkontaminierten Hafer nicht vertragen, möglichst auf glutenfreie Nahrungsmittel zurückgreifen müssen. Das sind z.B. Kartoffeln, Reis, Mais, Hirse und Buchweizen. Für den gesunden Menschen bedeutet die glutenfreie Ernährung meist eine zusätzliche Geldausgabe. Glutenfreie Nahrungsmittel sind in der Regel wesentlich teurer als „normale“ Nahrungsmittel. Was viele von uns aber bisher nicht wussten ist, dass der Verzicht auf glutenhaltiges Getreide unseren nützlichen Bakterien im Darm schadet, ihre Vermehrung behindert und letztendlich unsere Gesundheit beeinträchtigt. Eine bedeutende Rolle wird den Fruktanen im Getreide zugeschrieben, die das Wachstum der vorteilhaften Bakterien fördern. Fehlen Fruktane kann die Schwächung des Immunsystems Folge sein. Hier ist sicher nochmals der Hinweis angebracht, dass die Ballaststoffe im Getreide für die Bildung von kurzkettigen Fettsäuren (Butyrat) wesentlich sind. Durch sie wird der Schleimhaut des Darmes für ihr Funktionieren Energie zugeführt. Ein längerer Verzicht auf Ballaststoffe aus Getreide trägt nicht zur Erhaltung der Gesundheit bei. Gluten ist also für den gesunden Menschen überaus wichtig.
[wp-svg-icons icon=»point-right« wrap=»i«] Hervorzuheben sind an dieser Stelle unbedingt die Erkenntnisse von Aleksandra Duda-Chodak und ihren Mitarbeitern (Agraruniversität Krakau). Sie arbeiteten heraus, dass das Mikrobiom auch durch Polyphenole, speziell Flavonoide sehr positiv beeinflusst wird. Solche sekundären Pflanzenstoffe kommen als Farb- und Gerbstoffe in Pflanzenteilen wie z.B. Beeren vor. Flavonoide können von Darmbakterien in Wirkstoffe umgewandelt werden, die Herzkreislauferkrankungen wie Bluthochdruck und Krebs verhindern helfen können.
Es geht also darum, durch die Nahrung das Gleichgewicht des Mikrobioms aufrechtzuerhalten oder zu erlangen. Man kann heute auch durch Probiotika, die als Bakterien z.B. in Joghurt enthalten sind, unterstützend eingreifen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, rein pflanzliche Produkte, wie Flavonoide (z.B. Lärchenextrakt Taxifolin und LAG (Arabinogalactan) als Ballaststoff aufzunehmen. Der Einsatz von Pflanzenwirkstoffen wird heute immer beliebter, da wir zunehmend erkannt haben, sehr achtsam mit uns selbst umzugehen. Wir können selbst aktiv werden und gegen Bluthochdruck, Rheuma, Diabetes, Immunschwäche sogar Krebs angehen.
[wp-svg-icons icon=»thumbs-up« wrap=»i«] Also: Ballaststoffreiche Ernährung und generell pflanzliche Nahrung tragen erheblich zur Stabilisierung des Immunsystems und damit zur Gesundheit bei.
(Quellen: „Neue Wege zur Gesundheit“ Konstantin Verlag, Ausg.Nr.36/2007, Berliner Zeitung, 14.09.2017 „Bakterien wollen viel Getreide“ von B. Röthlein, Herder Lexikon der Biologie in 8 Bänden, Bd. 2, Spektrum Akademischer Verlag, 1994)
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