Allgemeines:
Das Kleine Immergrün ist ein immergrüner, aufrechter (10−15 cm hoher) oder niederliegender, Milchsaft führender, leicht giftiger Halbstrauch, der zu den Hundsgewächsen gehört. Die Pflanze entwickelt bodennahe Triebe, die jährlich bis zu 2 m wachsen können. Oberseitig dunkelgrüne, ledrig glänzende und unterseitig gelbfarbene Blätter zeigen sich kreuzgegenständig angeordnet. Die etwa eiförmigen und ganzrandigen Blätter, welche eine durchschnittliche Länge von 3,5 cm erreichen, werden in getrockneter Form medizinisch verwendet. Blattachselständige, zwittrige, fünfzählige Einzelblüten (Durchmesser 2–3 cm) mit hellblauer, violetter und manchmal weißer Färbung fallen auf. Die stieltellerförmige Blüte besitzt teilweise röhrenartig verwachsene Kronblätter. Aus einer Blüte entwickeln sich zwei Balgfrüchte, die die glänzenden Samen einschließen. Ameisen fressen oft diese nahrhaften Samen und tragen damit zur Verbreitung der Pflanze bei.
Das kleine Immergrün bevorzugt schattige bis halbschattige Gebiete und kalkhaltigen, lehmigen Boden in z.B. Laubmischwäldern, Auenwäldern und Gebüschen. In bis zu 1200 m Höhe finden man den Halbstrauch vorwiegend in Süd- und Mitteleuropa und Kleinasien. Das im Frühjahr blühende Kleine Immergrün wird häufig als Bodendecker in Gärten, Parks und auf Friedhöfen gepflanzt.
Besonderes:
Zu den bedeutenden Inhaltsstoffen gehören sehr viele Alkaloide wie z.B. Eburnamenin, Vincamin und Vincin. Daneben sind u.a. Bitterstoffe, Gerbstoffe (Tannine, Gerbsäure), Saponine, Terpene und Flavonoide bekannt. Speziell Vincamin fördert die Durchblutung des Gehirns. Die unterschiedlichen Wirkstoffe haben insgesamt antibakterielle, zusammenziehende, entzündungshemmende, krampflösende, schleimlösende, blutstillende und beruhigende Eigenschaften. Ebenfalls wird der Harnfluss gesteigert. Entscheidend für die positive Heilwirkung des Kleinen Immergrüns ist die geringe Dosierung. Bei höherer Dosis können die Alkaloide (Vincamin) das Wachstum und die Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die für die Abwehrreaktionen des Körpers unerlässlich sind, senken. Das Immunsystem wird geschwächt, der Körper zeigt sich z.B. für Krankheitserreger auffälliger, Kreislaufprobleme und Beschwerden im Magen-Darm-Trakt können die Folge sein. Der natürliche Gehalt an Vincamin in den Blättern ist aber derart gering, sodass die Hemmung des Immunsystems eher nicht erreicht wird. Trotz des großen Wirkungsspektrums ist der Einsatz des Kleinen Immergrüns nicht unumstritten. Allerdings ist die Hemmung der weißen Blutkörperchen positiv bei der Behandlung von Blutkrebs.
Anwendung:
Innerlich (Tee, Fertigpräparate) und äußerlich (Tee für Wickel und Umschläge) bei:
- Hautleiden wie Abszesse, Furunkel, Ekzeme
- Durchfall, Magen-Darm-Beschwerden
- Nasenbluten
- Zahnschmerzen
- Rheuma
Historisches:
Andere Namen für das Kleine Immergrün sind z.B.: Dauergrün, Totenveilchen, Totenviole, Wintergrün oder Jungfernkranz. Der wissenschaftliche Name leitet sich aus dem Lateinischen ab und bezieht sich auf die sehr biegsamen Stängel, aus denen früher Kränze gebunden wurden, die bei festlichen Anlässen in der Antike und im Mittelalter nicht fehlen durften. Auf Hochzeiten symbolisierten die Pflanzen die große Liebe. Entsprechend magische Kräfte sollten sich entfalten. In der Naturheilkunde galt das Kleine Immergrün als probates Mittel z.B. gegen Nasenbluten, Husten und Verdauungsprobleme, bei Lungenkrankheiten, Halsentzündungen, Kreislaufschwäche und Zahnschmerzen. Äußerlich stand die Behandlung von Abszessen und Wunden allgemein im Vordergrund.
Anmerkung:
Aus den Alkaloiden des Kleinen Immergrüns entwickelten Forscher Medikamente, eingesetzt im Zusammenhang mit einer Chemotherapie gegen Blutkrebs. 1987 widerrief das Bundesgesundheitsamt die Zulassung solcher Präparate. Das Kleine Immergrün findet man noch in homöopathischen und gemischten Fertigpräparaten. Mögliche unerwünschte Nebenwirkungen aufgrund der Vielzahl von Alkaloiden sorgen dafür, dass vorsichtshalber andere Heilpflanzen zum Einsatz kommen. Gegen Bluthochdruck, zur Stärkung des Immunsystems, als Antioxidans und zur Verbesserung des Magen- und Darmmikrobioms bieten sich z.B. Lärchenextrakte an. Das Kleine Immergrün wird in der Naturheilkunde in niedriger Dosierung genutzt.
Hinweis:
Das Kleine Immergrün ist leicht giftig. Die langfristige Einnahme darf nicht erfolgen. Bei homöopathischen Präparaten und Fertigmischpräparaten muss die Dosierung exakt beachtet werden. Beratung durch Fachpersonal ist unerlässlich.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium