Allgemeines:
Der Rizinus gehört zur Familie der Wolfsmilchgewächse. Er bevorzugt nährstoffreichen Boden und sehr sonnige und warme Gebiete. In gemäßigten Gegenden wächst die Pflanze als einjähriges Kraut, in wärmeren als mehrjähriger Strauch und in den Tropen und Subtropen als bis zu 12 m hoher Baum. Ursprünglich stammt Rizinus sehr wahrscheinlich aus Ostafrika oder Indien. Heute wird die schnell wachsende Heil- und Giftpflanze auch im Mittelmeerraum, Brasilien und den USA angebaut. Die glänzenden, grün bis rötlichen Blätter erscheinen langgestielt und handförmig gelappt – mit gezähntem Blattrand. Bei der einhäusigen, getrennt geschlechtlichen Pflanze stehen die Blüten endständig in Rispen angeordnet. Die weiblichen Blüten im oberen Teil fallen durch rote Pflanzenteile (Narben) und im unteren Teil durch männliche gelbe (Staubblätter) auf. Die Kapselfrüchte schließen bohnenförmige, rotbraun marmorierte Samen ein. Diese werden arzneilich genutzt.
Besonderes:
Die heilenden Effekte sind auf das Rizinusöl (Ricini oleum virginale) aus den Samen zurückzuführen. Die dabei wirksamste Substanz ist die Rizinolsäure (bis zu 80%). Durch Enzyme (Lipasen) wird Rizinolsäure erst im Dünndarm freigesetzt und entfaltet dort ihre laxierende (abführende) Wirkung. Durch Wasseraufnahme vergrößert sich die Stuhlmenge, wobei gleichzeitig die Darmschleimhaut gereizt wird. Die intensive und schnelle Darmentleerung folgt. Rizinusöl wird deshalb auch der Gruppe der Drastika zugeordnet.
Weitere unterstützende, auch die Gleitfähigkeit erhöhende Inhaltsstoffe sind z.B. Öl-Linol-Palmetin- und Stearinsäure, Saponine. Aufgrund des ebenfalls im Samen enthaltenen Rizins gilt Rizinus als Giftpflanze. Rizin ist chemisch gesehen ein sogenanntes Makromolekül aus der Gruppe der Proteine (Eiweiße). Gelangt es in eine Zelle, führt es zur Inaktivierung der Ribosomen (Zellbestandteile). Da Ribosomen für die Herstellung lebensnotwendiger Eiweiße des Körpers unerlässlich sind, wird deren Aufbau verhindert. Die Zelle selbst stirbt, der Körper wird vergiftet und der Tod des gesamten Organismus ist möglich. Durch ein spezielles Samenpressverfahren gelangt das toxische (giftige) Rizin auf keinen Fall in das heilende Rizinusöl.
Anwendung:
Äußerlich (z.B. Einreibung, Shampoo) und innerlich (Fertigpräparate) bei:
- Akuter Verstopfung (Obstipation)
- Trockener Kopfhaut, brüchigem Haar
Historisches:
Die auffälligen Samen fand man bereits in Gräbern der Ägypter (ca. 4.000 Jahre v.Chr.). In den alten Hochkulturen wurde das Öl bei Wundheilpflastern und als Lampenöl verwendet. Zerstoßene Samen sollten gegen Würmer und als Abführmittel helfen. In der Volksheilkunde wurde Rizinusöl als Mittel gegen Warzen (gutartige Hautwucherungen) und als Haaröl geschätzt.
Anmerkung:
Da Rizinus sehr schnell wächst, spricht man vom Wunderbaum. Rizinusöl wird heute auch zur Herstellung von Linoleumböden, von Farben und Lacken, von Gleit – und Schmiermitteln eingesetzt.
Hinweis:
Das Öl darf nur sehr kurzzeitig eingenommen werden, auf keinen Fall bei akuten Entzündungserkrankungen des Darms, Darmverschluss, unklaren Bauch- und Gallenbeschwerden. Aufgrund eventuell Wehen auslösender Wirkungen verbietet sich der Einsatz während der Schwangerschaft. Die ärztliche Konsultation bei Stillenden, Kindern und Jugendlichen ist angeraten.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium