All­ge­mei­nes:

Ech­ter Bal­dri­an (auch Arznei-Baldrian, Ge­mei­ner Bal­dri­an) ge­hört zur Fa­mi­lie der Bal­dri­an­ge­wäch­se. Es han­delt sich um eine mehr­jäh­ri­ge kräf­ti­ge Pflan­ze, die eine Höhe bis zu 180 cm er­rei­chen kann. Der auf­rech­te, fein be­haar­te Stän­gel ist hohl und ge­furcht. Er ver­zweigt sich im obe­ren Be­reich. Die ge­gen­stän­dig an­ge­ord­ne­ten Blät­ter wei­sen eine un­paa­rig ge­fie­der­te und zart lan­zett­li­che Form auf, wo­bei der Rand fein ge­zahnt ist. Die weiß­li­chen oder ro­sa­far­be­nen Kron­blät­ter sind mit­ein­an­der ver­wach­sen und ste­hen end­stän­dig in schirm­ar­ti­gen Dol­den­ris­pen. An der Ba­sis der Kron­röh­re kommt es zur Ab­son­de­rung von Nek­tar, der vie­le In­sek­ten, spe­zi­ell Flie­gen an­lockt. Nach der Blü­te ent­wi­ckelt sich der Kelch­saum zur fe­der­ar­ti­gen Haark­ro­ne, die die Ver­brei­tung der ein­sa­mi­gen Frucht för­dert. Der kur­ze di­cke, wal­zen­för­mi­ge Wur­zel­stock mit sei­nen Aus­läu­fern wird arz­nei­lich ge­nutzt. Ech­ter Bal­dri­an be­vor­zugt feuch­te Ge­bie­te mit Son­ne und Halb­schat­ten, z.B. Rän­der von Bä­chen und Fluss­ufern. Er kann aber auch auf tro­cke­nen Bö­den ge­dei­hen. Haupt­säch­lich kommt die Pflan­ze in Eu­ro­pa, Zen­tral­asi­en, Si­bi­ri­en und Ja­pan vor. Als de­ko­ra­ti­ve Zier­de fin­det man den Ech­ten Bal­dri­an zu­neh­mend in Gärten.

Be­son­de­res:

Die Wur­zeln ent­hal­ten ca. 5% Va­l­epo­tria­te, vor­ran­ging Valt­rat. Im Zu­sam­men­hang mit den äthe­ri­schen Ölen (ca. 1,5%) und der zu den Fett­säu­ren zäh­len­den Is­ova­le­ri­an­säu­re (Bal­dri­an­säu­re) wir­ken die­se Sub­stan­zen be­ru­hi­gend, ent­span­nend und er­re­gungs­min­dernd. Die krampf­lö­sen­den Ei­gen­schaf­ten sind hier si­cher mit ur­säch­lich. Die all­ge­mei­ne Kon­zen­tra­ti­ons­fä­hig­keit wird ge­stei­gert. Bal­dri­an ak­ti­viert ei­nen be­stimm­ten Re­zep­tor (Ade­no­sin) bei der In­for­ma­ti­ons­über­tra­gung zwi­schen Ner­ven­zel­len, so dass der Schlaf­druck ge­för­dert wird und der ge­wünsch­te po­si­ti­ve Ef­fekt des Ein­schla­fen­kön­nens ein­tre­ten kann. Die Her­ab­set­zung der Re­fle­xer­reg­bar­keit und Dämp­fung des psy­cho­mo­to­ri­schen Are­als des Zen­tral­ner­ven­sys­tems (ZNS) zur Krampf­lö­sung und Ner­ven­be­ru­hi­gung sind erwünscht.

An­wen­dung:

Die Bal­dri­an­wur­zel kann in­ner­lich (Tee, Tink­tu­ren, Fer­tig­prä­pa­ra­te) und äu­ßer­lich (Bal­drian­öl) zur An­wen­dung ge­lan­gen. Schwerpunkte:

  • Ner­vö­se Schlaf­stö­run­gen, all­ge­mei­ner Stress
  • De­pres­si­ve Stö­run­gen, Ängste
  • Ge­reizt­heit, Wetterfühligkeit
  • Krämp­fe, Schmer­zen im Magen-Darm-Bereich
  • Reiz­bla­se, Bettnässen.

His­to­ri­sches:

Schon seit dem 5. Jahr­hun­dert v. Chr. kommt der Bal­dri­an in al­len Heil­pflan­zen­samm­lun­gen vor. Vom in­di­schen Nar­den­bal­dri­an stamm­te das be­rühm­te Nar­den­öl mit dem Ma­ria Mag­da­le­na Chris­tus die Füße salb­te, so die Über­lie­fe­rung. Bal­dri­an, auch He­xen­kraut oder Bal­der­busch ge­nannt, galt im Mit­tel­al­ter als pro­ba­tes Mit­tel ge­gen He­xen, Teu­fel und ins­ge­samt al­les Böse. Der Ech­te Bal­dri­an, von al­ters her als Heil- und Ge­würz­pflan­ze ge­ach­tet, wur­de z.B. ge­gen die Pest ein­ge­setzt und zur Her­stel­lung (noch heu­te) von Parfüm.

Baldrian-Valeriana_officinalis_-_Koehler–s_Medizinal-Pflanzen

His­to­ri­sche Zeich­nung: Bal­dri­an (Va­le­ria­na of­fi­ci­na­lis) / Koehler´s Medizinal-Pflanzen (1897)

An­mer­kung

Ech­ter Bal­dri­an mit sei­nen be­ru­hi­gen­den Ei­gen­schaf­ten ge­hört zu den tra­di­tio­nel­len Ein­schlaf­hil­fen der Volks­me­di­zin. Für Kräu­ter­tee­mi­schun­gen oder als Ba­de­zu­satz lässt er sich sehr gut mit Jo­han­nis­kraut, La­ven­del, Me­lis­se, Pas­si­ons­blu­me, Pfef­fer­min­ze, Po­me­ran­ze (Bit­ter­oran­ge) und Hop­fen kom­bi­nie­ren. Hop­fen stei­gert die Schlaf­be­reit­schaft durch die An­re­gung der Me­la­to­nin­re­zep­to­ren der Ner­ven­zel­len. Der cha­rak­te­ris­ti­sche Ge­ruch des Bal­drian­öls ent­steht durch die frei­wer­den­de Is­ova­le­ri­an­säu­re, wel­che be­son­ders an­zie­hend auf Kat­zen wirkt. Da­her nennt man den Ech­ten Bal­dri­an wohl auch Katzen-Baldrian. Der in­di­sche und me­xi­ka­ni­sche Bal­dri­an fin­den arz­nei­lich in Deutsch­land kei­ne An­wen­dung (mehr). Die dar­in ent­hal­te­nen Va­l­epo­tria­te wir­ken an­ders, d.h. nicht er­mü­dend. Sie ste­hen im Ver­dacht, kar­zi­no­ge­ne Ei­gen­schaf­ten zu besitzen.

Hin­wei­se:

Ab­hän­gig­kei­ten von stan­dar­di­sier­ten Baldrian-Hopfen-Präparaten sind nicht be­kannt. Die dau­er­haf­te Ein­nah­me sehr gro­ßer Bal­drian­men­gen kann zu Kopf­schmer­zen, Un­ru­he und Stö­run­gen der Herz­tä­tig­keit führen.

© Ant­je Hr­di­na ● Heilpflanzenkompendium

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