Allgemeines:
Das Echte Johanniskraut (auch Tüpfelhartheu) gehört zu den Hartheugewächsen und Hypericaceae. Es ist eine mehrjährige Pflanze mit weit verzweigtem Wurzelstock, der auch die Überwinterung sichert. Die bis zu 50 cm tief wurzelnde Pflanze erreicht eine Höhe von bis zu 80 cm. Die Vermehrung erfolgt durch Wurzelkriechsprosse. Am aufrechten zweikantigen, markhaltigen, im oberen Abschnitt buschig verzweigten Stängel wachsen die gegenständig angeordneten, meist länglich ovalen Blätter, wobei der Rand schwarzdrüsig punktiert erscheint. Das Blatt weist viele durchscheinende Punktierungen, die Öldrüsen auf. Zwittrige, radiärsymmetrische, fünfzählige Blüten stehen in der Regel in endständigen Trugdolden angeordnet. Die einseitig gezähnten, goldgelben, windmühlenartig gedrehten Kronblätter erscheinen am Rand schwarz punktiert. Diese enthalten das blutrote Hypericin. Abends und während der Blühendphase rollen sich die Kronblätter ein. Nach der Blüte entwickeln sich etwa eiförmige, dreifächrige Spaltkapseln mit den länglichen, dunkelbraunen Samen. Arzneilich genutzt wird das gesamte frische oder getrocknete Kraut. Das Echte Johanniskraut bevorzugt warme und halbschattige Gebiete, trockenen bis mäßig feuchten, stickstoffarmen Boden. Es ist in Europa, Ostasien, Nord- und Südamerika verbreitet, wächst auf Wiesen, in lichten Wäldern sowie an Wegrändern.
Besonderes:
Johanniskraut enthält ätherisches Öl und Gerbstoffe, die entzündungshemmende, zusammenziehende und wundheilende Wirkung haben. Die Flavonoide weisen antibakterielle und antivirale Eigenschaften auf. Einer der Hauptinhaltsstoffe, das Hyperforin, wirkt schmerz- und juckreizstillend. Es fördert die Regeneration der oberen Hautschicht und schützt die äußere Haut als eine Art Barriere. Ebenfalls sind antidepressive Eigenschaften gut untersucht. Hier leistet auch das Hypericin einen bedeutenden Beitrag. Johanniskraut beeinflusst die Botenstoffe des Gehirns (Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt zwischen zwei Nervenzellen, dadurch höhere Konzentration an Serotonin), wodurch eine Stimmungsaufhellung folgen kann. Hervorzuheben ist die Wirkung gegen multiresistente Staphylokokken und penicillinresistente Staphylococcus aureus – Stämme.
Anwendung:
Innerlich (Tee, Fertigarzneimittel) und äußerlich (Öl, Tee, Frischpflanzensaft) bei:
- Leichten bis mittelschweren Depressionen
- Angstzuständen, nervöser Unruhe, Antriebsschwäche, Schwindel
- Muskelverspannungen, Nervenschmerzen
- Entzündungen des Magen-Darm-Traktes, Sonnenbrand, trockener Haut
- Wundliegen (Dekubitus)
Historisches:
Die Bezeichnung „Hypericum perforatum“ bezieht sich auf die zahlreichen Öldrüsen, die Blätter erscheinen gelocht. Am 24.Juni (der Johannistag) blüht die Pflanze strahlend gelb- auch hier ein Namenbezug. Die recht harten Stängel brachten dem Echten Johanniskraut auch den Namen Hartheu ein. Roter Saft zeigt sich, wenn man die Blütenknospen zusammenpresst, was lange als Symbol für das Blut Johannes des Täufers oder Marias Schmerz galt. Die Pflanze wurde den Heilkräutern zugeordnet, Symbol für Gesundung von Kummer und körperlichen Leiden. Etwas vom roten Saft schickte man auch als Warnung an Menschen, denen Gefahr drohte. In der Volksmedizin wurde das Echte Johanniskraut bei Bettnässen, Durchfall, Venenleiden, Rheuma und Gicht empfohlen.
Anmerkung:
Seit mehr als 10 Jahren wird Johanniskraut auch im Hinblick auf neurodegenerative Erkrankungen erforscht. Positive Effekte konnten bei Demenzerkrankungen nachgewiesen werden. Beobachtet wurden die Reduktion von Amyloid-Plaques (typisch bei Alzheimer-Demenz) und Verbesserungen bei der Merkfähigkeit. Die Entwicklung von medikamentösen Strategien auf Johanniskrautbasis wäre auch im Hinblick auf die steigende Lebenserwartung der Menschen angezeigt. Die Therapiewirksamkeit bei schweren Depressionen ist verschiedentlich umstritten. Neue Forschungsergebnisse zeigen ebenfalls, dass Extrakte aus Johanniskraut Entzugssymptome bei der Alkohol-und Nikotinentwöhnung lindern können. 2015 wurde das Echte Johanniskraut zur Arzneipflanze des Jahres gekürt.
Hinweis:
Direkte Sonneneinstrahlung während der Behandlung meiden, weil fototoxische Erscheinungen durch Hypericin kurzzeitig auftreten können. Bei der Indikation „mittelschwere Depression“ besteht Verschreibungspflicht in Deutschland. Das Echte Johanniskraut kann die Effekte hormoneller Verhütungsmittel und anderer Medikamente möglicherweise beeinträchtigen.