Allgemeines:
Der Quendel ist ein mehrjähriger, 10–15 cm hoher Zwerg- bzw. Halbstrauch, der zu den Lippenblütengewächsen gehört. An den Stängelknoten bildet die stark bewurzelte Pflanze viele Ausläufer, wodurch sich die dichte, rasenartige Besiedlung begründet. Aus dem dünnen, holzigen Wurzelstock entwickeln sich zart verholzte, bogenförmig aufsteigende oder kriechende, runde oder vierkantige, mitunter behaarte Stängel. Intensiv grüne, ganzrandige und etwas formvariable schmale, oft behaarte Blätter sind gegenständig angeordnet. Die kleinen, filigran erscheinenden, gehäuft am Stängelende als Scheinquirle angeordneten Blüten tragen rosa bis purpurfarbene oder violette Blütenkronen. Charakteristisch ist eine behaarte Kelchröhre. Arzneilich genutzt werden die getrockneten, blühenden oberen Stängelanteile. Das aromatisch riechende Kraut schmeckt würzig bitter. Nach der Blüte entwickeln sich die Nussfrüchte mit den Samen. Die Vermehrung erfolgt über diese oder mit in die Erde gesteckten Triebspitzen.
Der Quendel bevorzugt trockene und sonnige Gebiete mit sandigen, nährstoffarmen Böden, z.B. Böschungen, Wegränder, Kiefernwälder und Dünenlandschaften. Aus Mitteleuropa stammend findet man ihn heute in fast ganz Europa, Asien, Island, Nordamerika und Nordsibirien.
Besonderes:
Der Quendel enthält 0,2–0,6% ätherisches Öl (20–40% Carvacrol, 1,5–2% Thymol, Cinol und Linalool), welches antientzündliche, keimhemmende, entkrampfende und die Schleimabgabe fördernde Eigenschaften aufweist. Besonders Thymol und Carvacrol hemmen die Entwicklung von Pilzen, Bakterien und Viren. Lamiaceengerbstoffe bilden mit Eiweißen Komplexe auf der Schleimhaut, die mit dem Schleim abtransportiert werden. Angesiedelten Bakterien wird die Nahrungsgrundlage entzogen. Begleitend zeigen sich zusammenziehende Effekte. Bitterstoffe aktivieren die Magensaftbildung, regen die Verdauung an und kräftigen allgemein, wodurch sich der Appetit anregende Charakter entfaltet. Gärungserscheinungen im Darm werden von Quendel gemildert. Flavonoide (sekundäre Pflanzenstoffe) sind an der Gesamtwirkung beteiligt, können auch bei auffälliger Gefäßbrüchigkeit hilfreich sein.
Anwendung:
Innerlich (Tee, Fertigpräparate, Sirup, Säfte) und äußerlich (Inhalat, Badezusatz) bei:
- Erkältungen der oberen Luftwege (Katarrh)
- Keuchhusten und Asthma (Begleittherapie)
- Sodbrennen, Magen-Darm-Beschwerden
- Rheuma
Historisches:
Im Mittelalter wurde der Quendel besonders gegen Menstruationsbeschwerden eingesetzt. In der Volksheilkunde behandelte man hartnäckigen Husten, Lungenbeschwerden und Darmleiden. „Thymos“ im Namen von Thymus serpyllum bedeutete Kraft, Stärke und Tapferkeit. Es bestand der Glaube, dass der Genuss der Pflanze diese „männlichen“ Kennzeichen stärke. Die Ritter des Mittelalters übergaben ihren Damen kurz vor einem Kreuzzug einen Quendelzweig zur lieben Erinnerung. Die Heilkundlerin Hildegard von Bingen (1098−1179) eröffnete eine breite Nutzung von Quendel, besonders Thymol spielte wohl bei der Behandlung von Infekten in Mitteleuropa eine vorrangige Rolle.
Anmerkung:
Quendel stellt eine formenreiche Sammelart mit hoher Bastardisierungsfähigkeit dar, d.h., es kommt schnell zu Kreuzungen verschiedener Arten/Unterarten. Der Quendel ist eng verwandt mit dem Echten Thymian. Als Heilpflanze wird er auch Arznei-Thymian genannt. Bei Hustentee hat sich die Kombination mit Andorn, Anis, Echtem Thymian und Spitzwegerich bewährt. Für Magentee kann die Mischung mit Kümmel und Pfefferminze hilfreich sein. Da Quendel ätherisches Öl enthält, hat er sich auch als Gewürzpflanze etabliert (Salat, Eintöpfe, Fleisch, Fisch).
Hinweis:
Neben- und Wechselwirkungen sind nicht bekannt. Ohne direkte Sonneneinstrahlung und luftgetrocknet hat Quendel eine besonders hohe Qualität.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium