Allgemeines:
Der Gemeine Andorn ist eine ausdauernde, meist 30–60 cm hohe Pflanze, die zu den Lippenblütengewächsen gehört. Weiterführend wird vereinfachend nur von Andorn geschrieben. Der aufrechte, vierkantige, unverzweigte Stängel zeigt eine weiße und filzartige Behaarung, die auch auf der Blattunterseite auftritt. Die etwas runzligen, lanzettartigen, gesägt oder gekerbten, gegenständig angeordneten Blätter sind auf der Oberfläche durch ein hervortretendes Nervennetz gekennzeichnet. Drüsenhaare sondern ätherisches Öl ab, was den kräftig süßen Geruch der Pflanze verursacht. Die zwittrigen, weißen Blüten findet man als fast kuglige Scheinquirle in den Blattachseln, wobei untere Blattachseln nicht blühende Triebe aufweisen. Arzneilich verwendet werden blühende Stängelanteile und getrocknete Blätter. Nach der Blüte entwickeln sich einsamige Teilfrüchte, die Klausen.
Der Andorn bevorzugt warme und trockene Gebiete, wächst z.B. an Wegrändern und auf Schuttplätzen. Er ist im Mittelmeergebiet, Europa, Teilen Amerikas und Australien verbreitet.
Besonderes:
Der Andorn enthält Bitterstoffe (z.B. Marrubilin, Marrubenol), die die Erhöhung des Druckes der glatten Muskulatur (z.B. des Gallenbereiches, Bronchial- und Verdauungstraktes, der Blutgefäße, Niere und Blase) zur Folge haben. Die Kontraktion der Gallenblase fördert die Abgabe von Verdauungssäften und verbessert damit die Verdauung insgesamt. Die kräftigen Bittermittel wirken durchblutungsfördernd, herzstärkend, antriebssteigernd und stimmungsaufhellend. Durch Aktivierung der Schweißdrüsen kann Fiebersenkung unterstützt werden. Bekannt sind positive Effekte auf die unspezifische Immunabwehr durch die Förderung der Bildung von Leukozyten (weiße Blutkörperchen). Gerbstoffe (5–7%) und ätherisches Öl (Camphen, Fenchen, Sabinen, Limonen) weisen keim- und entzündungshemmende Eigenschaften auf. Die Schleimzellen in den Bronchien werden angeregt, wodurch die Schleimproduktion ebenso wie dessen Abtransport aktiviert werden. Das Abhusten, auch zähen Schleims, wird erheblich erleichtert. Der Andorn wirkt krampflösend und schmerzlindernd.
Anwendung:
Innerlich (Frischpflanzenpresssaft, Tee) bei:
- Katarrhen der Luftwege, chronische Bronchitis
- Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen, Völlegefühl, Blähungen
- Allgemeiner Antriebsschwäche, Stimmungsschwankungen, Erschöpfung
Unüblich ist heute die äußerliche Anwendung durch z.B. Auflagen mit Tee.

Hist. Zeichnung: Andorn (Marrubium_vulgare) aus Köhler´s Medizinal-Pflanzen
Titelbild: Autor H. Zell (GNU-Lizenz)
Historisches:
Der Name Marrubium stammt aus dem Hebräischen und bedeutet „bitter“, was sich wahrscheinlich auf den scharf bitteren Geschmack des Andorns bezieht. Mitte des 9. Jahrhunderts war der Andorn bereits im Kloster Reichenau am Bodensee bekannt. Er wurde z.B. gegen „Beklemmungen in der Brust“ angewendet. In der Volksheilkunde war der Andorn ein probates Mittel gegen Bronchitis, Tuberkulose, Asthma, chronischen Durchfall und Leberleiden. Auch äußerlich wurde er bei Hautschäden, wie z.B. Geschwüren genutzt.
Anmerkung:
Der Gemeine Andorn ist die Arzneipflanze des Jahres 2018. Aufgrund der umfassenden Dokumentation zu den Wirkungen hat der Studienkreis zur Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würzburg die Pflanze gekürt. Als Tee ergibt sich eine gute Kombination mit Fenchel, Spitzwegerich, Königskerze, Efeu und Eukalyptus. In Albanien bevorzugt man die Mischung des Andorns mit Lorbeerblatt und gekochter Feige.
Hinweis:
Wechsel- oder Nebenwirkungen sind nicht bekannt.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium