Allgemeines:
Der Hanf ist eine etwa 3,5 m hohe, meist einjährige, krautige Pflanze, die zu den Hanfgewächsen gehört. Am rauen, ästigen Stängel lassen sich im unteren Bereich in der Regel gegenständig, im oberen wechselständig angeordnete, meist 5–11zählig, handförmig gefingerte Blätter erkennen. Die einzelnen lanzettlich zugespitzten Blättchen weisen einen gesägten Blattrand auf. Die Pflanzen sind zweihäusig, d.h. männliche und weibliche Blüten wachsen auf verschiedenen Pflanzen. Die Anordnung der gelbgrünen männlichen Blüten erfolgt in lockeren Rispen, die unauffälligeren grünen weiblichen Blüten endständig, dicht gedrängt in Trauben. Drüsenhaare des eiförmigen Deckblattes der weiblichen Blüten und die Drüsen der oberen Stängelteile geben klebriges Harz mit den Cannabinoiden und Terpenen ab. Weibliche Pflanzen verströmen einen würzig stechenden Geruch. Arzneilich verwendet werden die blühenden, getrockneten Triebspitzen der weiblichen Blüten, manchmal die Samen. Nach der Blüte entwickeln sich kleine, einsamige Nüsse.
Ursprünglich stammt der Hanf wahrscheinlich aus Zentralasien. Die Pflanze bevorzugt subtropische bis gemäßigte Klimaverhältnisse. Heute wird der Hanf in verschiedenen Varietäten z.B. in Asien, Indien, Afrika und Amerika angebaut.
Besonderes:
Der Hanf zählt zu den Rauschgiftpflanzen. Über 120 Cannabinoide sind enthalten. Hervorzuheben sind dabei Trans-Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und das nicht psychoaktive Cannabidiol (CBD). Cannabinoide haben angstlösenden, antidepressiven, schmerzlindernden, die Muskeln entkrampfenden und die Bronchien erweiternden Charakter. Medizinisch führen diese Verbindungen außerdem zur Senkung des Blut- und Augeninnendruckes. Stimmungsaufhellende und appetitanregende Eigenschaften sind bekannt. Oft sind die auftretenden intensivierten Sinneseindrücke hilfreich und erwünscht. Der Hanf gilt als wirkungsvoll bei Übelkeit und Erbrechen, wobei entsprechende Präparate als sehr gut verträglich gelten.
Die für den charakteristischen Geruch verantwortlichen ätherischen Öle enthalten z.B. Mono- und Sesquiterpene, die keimhemmende und entzündungswidrige Eigenschaften aufweisen. Flavonoide wirken leicht antioxidativ und ebenfalls antibakteriell und antiviral. Chlorophyll hat Sauerstoff anreichernden Effekt im Blut, da es an der Bildung von roten Blutkörperchen beteiligt ist.
Anwendung:
Innerlich (Tinktur, Joints, Gebäck, Fertigpräparate, Tee) und äußerlich (Öl, Einreibung) bei:
- Angstzuständen
- chronischen und entzündlichen Schmerzen (z.B. Colitis ulcerosa, Arthritis)
- Übelkeit, Erbrechen (Begleitend bei Chemotherapien)
- Schmerzvollen Muskelverspannungen, multipler Sklerose, Asthma
- Glaukom (Grüner Star), Herpes
- Gewichtsverlust (Kachexie)
- Appetitlosigkeit (Anorexie)
- Autoimmunerkrankungen (z.B. Morbus Crohn)
- Verschiedenen Entzugssymptomen, wie Alkohol, Opiate
Im Jugendalter wirkt Cannabis (wie Alkohol) stark schädigend auf das sich entwickelnde Gehirn.
Historisches:
Der Hanf gilt mit als älteste Heil- und Kulturpflanze. Ein chinesischer Textfund (zwischen 2800 v.Chr. – 200 u.Z.) zeugt vom Einsatz des Hanfs gegen Malaria und Rheuma. In der Antike lieferte Hanf den Stoff für Netze, Seile und Papier. Sogenannte Pyramidenschriften erzählen von Fußbädern und Waschungen mit zerkleinerten Samen des Hanfes bei Glaukom. In der ersten Gutenberg-Bibel, 1454 auf Hanfpapier geschrieben, wird die Pflanze zur Verringerung von Geburtsschmerzen empfohlen. Die Heilkundlerin Hildegard von Bingen (1098−1179) sah in Hanf ein probates Mittel gegen Migräne. In Russland setzte man das Inhalieren mit Hanfsamenlösung erfolgreich bei Zahnschmerzen ein, das Einreiben mit Hanföl gegen Rheuma- und Gichtbeschwerden.
Anmerkung:
2017 trat das Gesetz – Cannabis als Medizin – in Deutschland in Kraft, wonach Medizinal-Cannabisblüten und Cannabisextrakte auf Betäubungsmittelrezept verordnet werden können. Cannabis als Rauschmittel bleibt verboten, genauso wie der Eigenanbau für den medizinischen Zweck. Bei Hanf wird zwischen Marihuana (auch Gras), das sind die getrockneten, zerkleinerten weiblichen Blüten und Pflanzenteile und dem Haschisch (auch Shit oder Dope), das zu braunschwarzen Platten gepresste Harz, unterschieden. Den höchsten THC-Gehalt findet man in den Blütendeckblättern. Der Indische Hanf (eine Unterart des Hanfes) enthält besonders viel THC. Als wichtiger nachwachsender Rohstoff wird Hanf auch in der Bauwirtschaft genutzt, als Speiseöl (aus den Samen) und als Futtermittel für Heimtiere wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Vögel. Die Samen enthalten keine Cannabinoide.
Hinweis:
Das verschreibungspflichtige Dronabinol macht nicht süchtig. Nicht zu verwenden sind Hanfpräparate bei Vorerkrankungen des Herzens und schwerwiegenden psychiatrischen Diagnosen. Mögliche Nebenwirkungen: Reizbarkeit, Unruhe, Schlaf- und Appetitlosigkeit.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium