Allgemeines:
Der Gemeine Löwenzahn ist eine mehrjährige, milchsaftführende, formenreiche, bis zu 40 cm hohe Pflanze, die zu den Korbblütengewächsen gehört. Sie überwintert mit einer bis zu 30 cm langen, fleischigen, am Hals zart behaarten Pfahlwurzel, wobei diese innen weiß und außen schwarzbraun gefärbt erscheint. Aus dem mehrköpfigen Wurzelstock entwickeln sich Rosetten aus lanzettlichen, gezähnt bis gespaltenen Blättern, die eine Länge von 5–25 cm erreichen können. An den blattlosen, hohlen Stängeln wachsen endständig hell- bis goldgelbe Blütenköpfe. Diese setzen sich aus zahlreichen Zungenblüten zusammen, zweireihig umgeben von Hüllblättern. Bei Nacht oder schlechtem Wetter schließen sich die Blüten. Nach der Blüte entwickeln sich helle bis schwarze einsamige Schließfrüchte, die Achänen. Deren lockere fallschirmartige Haarkrone ermöglicht eine sehr effektive Windverbreitung. Arzneilich genutzt werden Kraut und Wurzel.
Der anspruchsarme Gemeine Löwenzahn wächst auf allen Böden, besonders gut bei hohem Stickstoffgehalt. Man findet die Pflanze vom Flachland bis ins Hochgebirge auf der nördlichen Halbkugel. Der Gemeine Löwenzahn wächst z.B. auf Wiesen, Feldern, Ödland, an Straßenrändern und in lichten Wäldern.
Besonderes:
Der Gemeine Löwenzahn enthält im weißen Milchsaft den stark harntreibenden und gallenflussfördernden Bitterstoff Taraxin. Durch die Aktivierung der Nieren- und Blasentätigkeit werden auch gleichzeitig Gifte ausgeschwemmt. Taraxin regt die Darmschleimhaut zur Abgabe von Stoffwechselrückständen an und sorgt somit für eine geringere Verbreitung von Bakterien, Viren und Pilzen im Körper. Das ebenfalls enthaltene Cholin unterstützt die Gallen- und Darmfunktion, weshalb Löwenzahn leicht abführenden Effekt zeigt. Insgesamt fördert die Pflanze den gehäuften Übertritt der Gallensäuren in den Dickdarmbereich, wodurch der Stuhl weicher wird und sich wahrscheinlich Gallensteine nur sehr schwer bilden können. Inulin besteht vorwiegend aus Fruktosepolysacchariden (Vielfachzucker), die nicht zu Glykose (Einfachzucker) abgebaut werden. Das Hormon Insulin ist somit nicht zur Verstoffwechselung notwendig – sicherlich ein zu beachtender Hinweis für Diabetiker. Für Inulin sind gefäßschützende und den Cholesterinspiegel senkende Eigenschaften bekannt. Gerbstoffe zeigen zusammenziehende, austrocknende Effekte, wodurch die Widerstandskraft des Gewebes gestärkt, keim- und entzündungshemmende, blutstillende Effekte sich positiv auswirken. Flavonoide und Vitamin C haben z.B. antioxidative und antientzündliche Eigenschaften. Der Mikronährstoff Kalium ist für die Nerven- und Muskelarbeit wichtig.
Anwendung:
Innerlich (Tee aus Kraut und Wurzel, Fertigarzneimittel, frischer Pflanzenpresssaft, Wildgemüse) bei:
- Magen‑, Leber‑, Gallen- und Nierenbeschwerden, Gallensteinen, Gelbsucht
- Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Blähungen
- Erkrankungen der Brust- und Milchdrüsen
- Abszessen, Ödemen, Geschwüren, Brustkrebs (Therapie begleitend)
- Arthrose
Historisches:
Aufgrund der gezähnten Blätter erhielt die Pflanze den Namen Löwenzahn. Bekannt ist sie auch z.B. unter Pusteblume, Kuhblume, Hundeblume, Milchstock oder Lichtblom. Die Kräuterbücher aus dem 16. Jahrhundert empfehlen bereits den gemeinen Löwenzahn. Den Milchsaft nutzten die Heilkundigen bei Problemen im Mundbereich, das Kraut bei Hautleiden. Die stark wassertreibende Wirkung war schnell bekannt. In der Volksheilkunde gilt die Pflanze als Blutreinigungs- und Abführmittel, Linderungsmittel bei Gicht, Rheuma und Hauterkrankungen. Der Leibarzt Johann Carl Wilhelm Moehsen (1722−1795) behandelte die Wassersucht des Preußenkönigs Friedrich der Große (1712−1786) erfolgreich.
Anmerkung:
Neuere Forschungsergebnisse legen nahe, dass mit einer 6‑wöchigen Löwenzahnbehandlung die Gallensteinneubildung merklich reduziert werden kann. Bei sehr fleischlastiger Ernährung erweist sich der Löwenzahn als gutes Entgiftungsmittel. In Teemischungen für eine Frühjahrskur (Blutreinigungskur) lohnt sich die Kombination mit Birken- und Brennnesselblättern und Stiefmütterchen- und Augentrostkraut. Ein Wildkräutersalat aus Gemeinem Löwenzahn, jungen Birkenblättern, Kresse und Feldsalat ist zu empfehlen, wobei durch längeres Wässern der Bittergeschmack abgemildert wird.
Hinweis:
Kontaktallergien durch Milchsaft sind eventuell möglich. Bei Gallenwegverschluss, Gallensteinen ist ärztliche Konsultation angeraten.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium