Allgemeines:
Der Gemeine Fenchel ist eine mehrjährige, krautige, etwa 40–200 cm hohe Bitterpflanze, die zu den Doldenblütengewächsen gehört. Aus der etwa fingerdicken, spindelartigen Wurzel entwickelt sich ein aufrechter, ästiger Stängel. Am runden, unbehaarten, oberflächlich bläulich erscheinenden Stängel können sich im unteren Bereich aus Speicherblättern Zwiebeln bilden. Der Gemeine Fenchel weist 3–4fach gefiederte, im unteren Stängelabschnitt gestielte Blätter auf. Die zwittrigen, kleinen, fünfzähligen Blüten sind in 12–25 strahligen Doppeldolden (Durchmesser 5–9 cm) angeordnet, wobei die verkehrt eiförmigen Kronblätter gelbfarbig sind. Es entwickeln sich grünlich-braune, zylinderförmige, fünfrippige Spaltfrüchte, die Achänen. Die Pflanze verströmt einen charakteristisch würzigen Duft. Arzneilich genutzt werden die reifen Früchte, selten die Wurzel.
Der Gemeine Fenchel bevorzugt mäßig trockenen, nährstoffreichen, lehm- oder lösshaltigen Boden und Wärme. Man findet ihn auf Magerrasen und Schutthalden. Ursprünglich stammt die Pflanze aus dem Mittelmeerraum. Heute wird sie weltweit kultiviert.
Besonderes:
Die Samen enthalten ca. 2–6% ätherisches Öl (Bitterfenchelöl), das sich vorrangig aus 50–70% trans-Anethol, Fenchon, Pinen, Limonen, Foeniculin und Methylchavicol zusammensetzt. Auffallend sind der süßliche trans-Anethol- und der bittere kampferähnliche Fencholgeschmack. Das ätherische Öl wirkt schleimlösend, auswurffördernd, krampflindernd, keimhemmend und abführend. Es führt zur Erhöhung der Schlagzahl der Flimmerhärchen, die auf der Schleimhaut der Bronchien verortet sind. Festhaftendes Hustensekret kann nachfolgend gut abtransportiert werden. Ätherisches Öl aktiviert die Darmmuskulatur und wirkt deren Erschlaffung entgegen. Blähungswidrigkeit ist gegeben. Flavonoide zeigen leichte gefäßerweiternde und entzündungshemmende Effekte. Dem reinen Estragol, ebenfalls in Fenchel enthalten, werden mutagene (Erbgut verändernde) Eigenschaften zugeschrieben, festgestellt im Tierversuch. Die dafür erforderliche Dosis kann bei Teegebrauch nicht erreicht werden, zumal Estragol nie in Reinform konsumiert wird. Die fetten Öle der Fenchelsamen zeigen etwas durchblutungsfördernden und hormonausgleichenden Charakter. Fenchel steigert den Milchfluss bei Stillenden.
Anwendung:
Innerlich (Tee, Tinkturen, Pastillen, Sirup, Honig) und äußerlich (Gurgeln, Inhalieren, Einreiben, Brustkompressen) bei:
- Blähungen, leichten Magen- und Darmbeschwerden, Appetitlosigkeit
- Verschleimtem Husten und Erkältungskrankheiten (besonders bei Kindern), Asthma
- Unruhe (besonders bei Kindern)
- Milchflussschwäche bei Stillenden
- Kopfschmerzen
Historisches:
Verschiedene Volksnamen sind bekannt, z.B.: Frauenfenchel, Kinderfenchel, Langer Anis, Fehnkol, Brotsamen. Fenchel gebrauchten die alten Ägypter und Griechen. Der Arzt Pedanius Dioskurides (um 40 u.Z. – um 90 u.Z.) nannte Fenchel „marathon“, empfahl Kraut und Früchte bei schwacher Milchsekretion, den Stängel für Blase und Nieren. Schon der Kaiser Karl der Große (747−814) ordnete den Fenchelanbau im Jahr 812 zu Heilzwecken an. Etwa ab 1500 gelang die Fenchelölgewinnung durch Wasserdampfdestillation und ab 1574 listete die Arzneitaxe der Stadt Berlin das Öl. 2009 wurde der Fenchel zur Arzneipflanze des Jahres gekürt.
Anmerkung:
Drei Varietäten haben Bedeutung: Süßfenchel, Bitterfenchel und Gemüsefenchel. Beim heilenden Süß- und Bitterfenchel enthält die süße Varietät wesentlich weniger Fenchon, weshalb der Geschmack als mild süß empfunden wird. Es bietet sich die Nutzung in der Kinderheilkunde an. Auch in der Tierheilkunde kann Fenchel gut verwendet werden. In Kräutermischungen für Tees ist die Kombination mit Kümmel und Anis für alle Altersgruppen gut geeignet.
Hinweis:
Bei Allergien gegen Doldenblütengewächse sollte Fenchel nicht angewendet werden. Nebenwirkungen sind ansonsten nicht bekannt.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium