Allgemeines:
Die Weißbeerige Mistel ist ein immergrüner, kuglig-nestartiger Halbstrauch (Durchmesser ca. 1 m), der zu den Sandelholzgewächsen gehört. Die Weißbeerige Mistel zeigt eine epiphytische Lebensweise, d.h. sie wächst auf anderen Pflanzen und nutzt so optimal die Lichteinstrahlung aus. Als Semiparasit (Halbschmarotzer) bezieht sie Wasser und Nährsalze aus den Leitbahnen einer Wirtspflanze, stellt lebenswichtige energiereiche organische Verbindungen über die Fotosynthese selbst her. Über Haustorien (Keimscheiben) gelingt der Mistel die Verknüpfung mit Laub- oder Nadelbäumen, die dadurch nicht dauerhaft geschädigt werden. Aus einem kurzen, korklosen Mistelstamm entwickeln sich braun bis gelbgrüne gegliederte Zweige. Am Ende einer jeden Zweiggabelung wächst eine unscheinbare grünlich gelbe Blüte, wobei die Mistel als zweihäusig gilt. Selten wachsen weibliche und männliche Blüten auf einem Halbstrauch. Nach der Blüte entwickeln sich erbsengroße, weiße, schleimig klebrige Scheinbeeren aus den weiblichen Blüten. Die Früchte enthalten 1–2 Samen und werden, von Vögeln gefressen, über den Vogelkot verbreitet.
Die Weißbeerige Mistel wächst in Europa, Asien und Nordafrika – von der Ebene bis in Mittelgebirgshöhen. Verwendet wird das gesamte getrocknete Kraut mit Beeren, welches oft aus Russland, der Türkei oder den Balkanländern stammt.
Besonderes:
Mistelectine beeinflussen die Freisetzung von Zytokininen, das sind Hauptträger der Kommunikation zwischen den Zellen, sogenannte Mediatorsubstanzen. Bereits in sehr geringer Konzentration können sie das Immunsystem aktivieren, so dass möglicherweise Tumorzellen besser bekämpft werden können (antikanzerogene Wirkung). Bei Betroffenen kann sich die Lebensqualität, wie die Steigerung des Appetits und der Leistungsfähigkeit verbessern sowie die Stimmung aufhellen. Cholinderivate können für Gefäßerweiterungen sorgen, das Herz entsprechend etwas entlasten und den Blutdruck nach längerer Zeit senken helfen. Eventuell tritt eine Milderung von Arterioskleroseerscheinungen und Kopfschmerzen ein. Oligopeptide (Eiweißbausteine) kommen dem gesamten Körper zugute. Flavonoide haben antientzündlichen, antiviralen und antioxidativen Charakter. Lignane weisen ebenfalls antioxidative Eigenschaften auf, sind damit für die Zellgesundheit und eventuell Krebsprävention von Bedeutung, haben aufgrund der östrogenen Wirkung möglicherweise leicht ausgleichenden Effekt im weiblichen Östrogenhaushalt. Schleimstoffe der Beeren zeigen einhüllende Wirkungen, wodurch antientzündliche Reaktionen des Körpers unterstützt werden.
Anwendung:
Innerlich (Fertigpräparate, Injektionen, Tee als Kaltauszug, Tinkturen) bei:
- Entzündlichen, degenerativen Gelenkerkrankungen
- Palliativtherapie bei malignen (bösartigen) Tumoren – unspezifische Reiztherapie
- Unterstützung der Herz-Kreislauffunktion, nervösen Herzstörungen
Zur begleitenden Krebstherapie müssen Mistelextrakte / ‑auszüge prinzipiell injiziert werden. Die Anwendung bei hohem Blutdruck und Arterienverkalkung ist umstritten.
Historisches:
Volksnamen: z.B. Hexenbesen, Wintergrün, Hexenkraut oder Druidenfuß. Die Mistel galt immer schon als magische Pflanze. Zaubertränke aus Misteln sollten zu Kraft, Mut und Unbesiegbarkeit verhelfen. Altbekannt ist der Brauch, grüne Mistelzweige mit den weißen Beeren in der Weihnachtszeit zur Abwehr von bösen Geistern an Türen der Wohnhäuser zu befestigen. Aus den weißen Beeren wurde früher sogenannter Vogelleim hergestellt. Ruten mit diesem Leim bestrichen dienten dem Fangen von Singvögeln, die dann zu Speisen verarbeitet wurden. Der Name Mistel weist darauf hin, dass sich die Pflanze über Vogelmist verbreitet. In der Volksmedizin galt Misteltee als probates Mittel gegen Bluthochdruck, Schwindelanfälle, Gelenkerkrankungen, Regelprobleme und Krebs.
Anmerkung:
Die Weißbeerige Mistel gilt nicht als traditionelles pflanzliches Arzneimittel. Der Tee aus der Mistel kann gut mit dem gefäßerweiternden und durchblutungsfördernden Weißdorn kombiniert werden, besonders bei älteren genesenden Personen zu empfehlen. Mistel ist stets mit kaltem Wasser zu übergießen und erst nach 10–12 Stunden abzuseihen. Vorzugsweise sind allerdings Fertigpräparate zu nutzen.
Hinweis:
Nebenwirkungen bei Gebrauch von Misteltee sind nicht bekannt. Die Behandlung mit Mistelpräparaten darf nur durch Fachpersonal erfolgen. Zytokinine der Mistel können in sehr seltenen Fällen auch das Tumorwachstum fördern.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium