Allgemeines:
Die Echte Nelkenwurz ist eine mehrjährige, krautige, immergrüne, 25–100 cm hohe Pflanze, die zu den Rosengewächsen gehört. Der stark bewurzelten Pflanze dient ein kurzes, kompaktes, rübenartiges Rhizom (Teil der Sprossachse) als Speicherorgan, wobei dies innen purpurfarben und außen gelbbraun gefärbt ist. Nach dem Winter entwickelt sich aus der grundständigen, lang gestielten Blattrosette der verzweigte, aufrechte, behaarte, bräunlich rote Stängel. Die grünen Stängelblätter, die sich nach der vollen Entfaltung der Blattrosette wechselständig angeordnet bilden, sind etwas variabel in der Form aber insgesamt kurz gestielt, unpaarig gefiedert und am Rand grob gezähnt. Verwendet werden hauptsächlich das getrocknete Rhizom, Wurzeln und seltener junge Blätter. In den Blattachseln entwickeln sich fünfzählige, radiärsymmetrische, gestielte und intensiv gelbe Einzelblüten, die meist zwittrig sind. Die mit einer doppelten Blütenhülle versehenen Blüten fallen nach dem Blühen sehr schnell ab. Samen einschließende behaarte Nüsschen bilden sich als Klettenfrüchte heraus.
Die Wärme liebende Echte Nelkenwurz bevorzugt halbschattige bis schattige, feuchte und nährstoffreiche Gebiete. Sie wächst z.B. in lichten Wäldern, an Waldrändern, in Hecken, auf Ödland und oft in städtischen Räumen. In Süd- und Mitteleuropa, West- und Mittelasien und Nordamerika trifft man sie häufig an.
Besonderes:
Die Echte Nelkenwurz zeichnet sich durch einen hohen Gehalt (bis zu 28%) an Gerbstoffen, wie Catechingerbstoffen und Bitterstoffen aus. Die zusammenziehenden, austrocknenden, verdichtenden, entzündungs- und keimhemmenden Eigenschaften ermöglichen ein breites Anwendungsspektrum. Ursächlich ist der Wasserverlust der oberen Schichten der Haut und Schleimhaut. Dadurch festigt sich das Gewebe, wird dichter. Es bildet sich eine Eiweißschutzschicht, welche Krankheitserregern das Eindringen in den Körper erschwert. Die Nerveninformationen können nicht in tiefere Hautschichten gelangen, wodurch die Minderung von Schmerz und Juckreiz zu erwarten ist. Als zusammenziehendes und verdichtendes Mittel haben die Gerbstoffe bei Durchfallerkrankungen stopfenden Effekt, d.h. das Einströmen von Flüssigkeit in den Darm wird abgeschwächt. Ebenfalls verringert sich die direkte Durchblutung durch die Abdichtung der feinsten Blutgefäße (Kapillaren), was die Blutstillung begünstigt. Schleimhäute schwellen ab, die Heilung geht voran. Chlorogensäure, Äpfelsäure und Kaffeesäure sind Helfer der Gerbstoffe. Bitterstoffe und das ätherische Öl (mit Eugenol) – auch Nelkenöl – gelten als stark das Bakterienwachstum hemmend und insgesamt gutes Kräftigungsmittel, unterstützt von Kohlenhydraten.
Anwendung:
Innerlich (Tee) und äußerlich (Gurgeln, Umschläge, Waschungen) bei:
- Durchfall, Verdauungsstörungen, Appetitlosigkeit
- Entzündungen des Mund‑, Rachen- und Halsbereiches
- Erfrierungen, Hämorrhoiden
- Hautkrankheiten
- offenen Beinen (Ulcus cruris)
Historisches:
Die wissenschaftliche Bezeichnung stammt aus dem Griechischen. „Geuma“ bedeutet „schmecken“, was sich auf den charakteristisch aromatischen Wurzelgeruch bezieht. „Urbanum“ geht auf „urbanus“ zurück – heißt städtisch, also in städtischen Gebieten wachsend. Geum urbanum. Im Altertum galt die Echte Nelkenwurz als Heilpflanze vor allem gegen Brustschmerzen. Die Benediktinermönche bauten die Pflanze in Klostergärten an, aromatisierten damit ihren Likör. Daher stammt auch der Name Benediktinerkraut. Rhizome in Pulverform sollten gegen Hexen und andere Dämonen helfen, wohl aufgrund des starken Duftes. Im Mittelalter galt die Pflanze als hilfreich bei Gelb- und Wassersucht. Der Kräuterpfarrer Johann Künzle (1857−1945) empfahl die Wurzel bei Gehirnhautentzündung, Blasenschwäche und Zahnweh. Früher als Heilkraut verwendet, hat die Echte Nelkenwurz heute nur noch wenig Bedeutung.
Anmerkung:
Die sehr robuste, pflegeleichte Pflanze lässt sich gut selbst anbauen. Die beste Erntezeit ist Juli- August, weil die Pflanze dann besonders viele Gerbstoffe zur Fressfeindabwehr bildet. Die Heilpflanze wirkt ähnlich wie Eichenrinde und Blutwurz, aber weniger stark.
Hinweis:
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sind nicht bekannt. Überdosierung wegen der stark wirkenden Gerbstoffe ist zu vermeiden
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium