Allgemeines:
Der Echte Oleander (auch Rosenlorbeer) ist ein Milchsaft führender, tödlich giftiger, bis zu 5 m hoher Strauch oder Baum, der zu den Hundsgiftgewächsen gehört. Ein zunehmend verholzender Stamm mit eher schlanken, aufrechten Zweigen prägt das Erscheinungsbild. Meist zu dritt quirlig angeordnet findet man die länglich lanzettlichen, ledrigen, dunkelgrünen, kurz gestielten Blätter, die eine Länge von bis zu 15 cm erreichen können. Ein klar erkennbarer starker Hauptnerv und etwa parallel verlaufende Seitennerven charakterisieren das Blatt genauso wie der glatte, oft umgerollte Rand. Verwendet werden frische oder getrocknete Blätter, wobei getrocknete Blätter etwa halb so giftig wie frische sind. Zwittrige, duftende, auffällige Blüten stehen in endständig trugdoldigen Rispen angeordnet. Die fünfblütige trichter- bis stieltellerförmige, rosafarbene, rote oder weiße Krone trägt gefranste Schlundschuppen (Einstülpungen der Kronblätter, die in die Blütenröhren ragen). Nach der Blüte entwickeln sich vielsamige längliche (bis 15 cm) Balgkapseln, die einer Schote nicht unähnlich sind. An der Spitze des Samens lässt sich ein Haarkrönchen erkennen.
Der Echte Oleander bevorzugt warme, lichte und luftige Gebiete und kommt in Höhen bis zu 2000 m vor, wächst z.B. in südmediterranen Auengesellschaften. Er ist im Mittelmeergebiet und in Asien beheimatet. Die Pflanze zeigt sich leicht frostresistent (bis ‑5°C).
Besonderes:
Alle Pflanzenteile gelten als sehr giftig. Die Hauptkomponente ist das herzwirksame Glykosid Oleandrin (aus der Gruppe der Cardenolide). Daneben haben die Flavonglykoside (wie Rutosid, Oleasid), Triterpene (wie Betulin, Oleandrol), Polysaccharide (Mehrfachzucker) Bedeutung. Oleander wirkt sehr ähnlich wie der Rote Fingerhut (Digitalis purpurrea), weshalb man von sogenannter Digitaliswirkung spricht. Die Herzwirksamkeit besteht in der Steigerung der Pumpleistung des Herzmuskels, wodurch die Durchblutung im Körper aktiviert und eine ungesunde Wasseransammlung durch die erhöhte Harnmenge beseitigt werden kann. Dabei wächst der Sauerstoffbedarf des Herzens nicht, so dass eine Überforderung dieses Organs nicht gegeben ist. Die Herzarbeit wird insgesamt ökonomischer, weil eine verlangsamte Herzfrequenz dies zulässt. Der verringerte Druck in den Venen führt zum Abbau des Blutrückstaus und gesteigerter Harnabgabe. Die nervös gesteuerte Erregungsleitung zwischen Herzvorhof und ‑kammer erfährt eine Verlangsamung, die Erregungsbildung selbst wird gefördert. Dieser Effekt ist nicht unproblematisch, so dass ärztliche Aufsicht bei der Anwendung gefordert ist. Cardenolidglykoside sind giftig. Als Begleiterscheinung zeigt sich ein schweißtreibender Effekt.
Anwendung:
Innerlich (Fertigarzneimittel, Fluidextrakte, Tinkturen) bei:
- Herzinsuffizienz, sogenanntem Altersherz, Herzmuskelschwäche
- Verdauungsproblemen
- Hautproblemen, wie nässenden Ekzemen
- Rheuma
Alle Präparate sind standardisiert und verschreibungspflichtig.
Historisches:
Andere Namen für den Oleander sind z.B. Leander oder Orleander. Oleander stellt eine Wortzusammensetzung dar: „Olea“ steht für Öl (Die Laubblätter ähneln denen des Ölbaums.), „andreios“ für stark und kraftvoll. Nerium (lat.) bedeutet nass, was einen Hinweis auf den natürlichen Standort geben könnte. Nerium oleander. In den Anfängen der arabischen Medizin wurden Oleanderblätter als Heilmittel angewendet. Der Arzt Pedanius Dioskurides (um 40 – um 90 v.Chr.) erwähnte die Pflanze ebenfalls. Im Mittelalter nutzte man den giftigen Pflanzensaft gegen Parasiten und Mäuse. Im 17. Jahrhundert galten Oleanderblätter als probates Mittel bei Schlangenbissen. Die Giftigkeit der Pflanze war bereits bekannt.
Anmerkung:
Da die Datenlage zu Oleander in der Pharmakologie eher dünn ist, wird die Arzneipflanze kaum noch empfohlen. In der Naturmedizin und Homöopathie finden standardisierte Präparate Verwendung. Im schulmedizinischen Bereich laufen Untersuchungen hinsichtlich der Wirkung als potenzielles Mittel gegen Krebs. Der Echte Oleander zählt in Mitteleuropa zu den ältesten und beliebtesten Kübelpflanzen. Bis zu etwa 150 Sorten sind bekannt. Es gibt sie in Weiß, Gelb, Rosa, Rot – auch mit gefüllten Blüten. Überwinterung sollte möglichst im Haus erfolgen, Hautkontakt vermeiden.
Hinweis:
Der Verzehr von Pflanzenteilen (alle giftig), auch Honig, führt zu Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Pupillenerweiterung, Durchfall, Krämpfen. Gelegentlich sind Herzrhythmusstörungen feststellbar. Tod durch Atemlähmung und Herzstillstand ist nicht auszuschließen. Selbstbehandlung wird streng untersagt. Bei Vergiftung sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Da alle Pflanzenteile stark bitter schmecken, werden diese sicher nur in Ausnahmefällen aufgenommen.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium