Allgemeines:
Die Gewöhnliche Rosskastanie ist ein sommergrüner, bis zu 30 m hoher und bis zu 300 Jahre alt werdender stattlicher Baum, der zu den Rosskastaniengewächsen gehört. Die Gewöhnliche Rosskastanie zählt mit den weitverzweigten Wurzeln zu den Flachwurzlern. Der Stamm mit dem gelblichweißen Holz kann einen sogenannten Nasskern ausbilden. Junge Bäume weisen hellbraune, glatte Borke auf, ältere dagegen rötliche, graubraune, grobrissige Borke. Auffallend sind die fingerförmigen, zusammengesetzten und gestielten Laubblätter, wobei die glänzende Oberseite intensiv grün und die Unterseite hellgrün gefärbt sind. Die verkehrt eiförmigen Einzelblätter zeigen einen doppelt gesägten Blattrand. Die weißen fünfzähligen Blüten sitzen in aufrechten Rispen. Vor der Bestäubung tragen diese einen gelben Fleck, Nektar wird abgesondert. Danach färbt sich der Fleck rot. Es bilden sich hellgrüne, gestachelte Kapselfrüchte, die die großen braunen Samen mit dem weißen Nabelfleck einschließen (Kastanien). Die Samen werden medizinisch verwendet. Ursprünglich kam die Rosskastanie im westlichen Kaukasus und auf der nördlichen Balkaninsel vor. Seit dem 16. Jahrhundert ist sie auch in fast ganz Europa verbreitet. Heute wächst die Kastanie oft an Waldrändern oder sie wird als Zierbaum angepflanzt, häufig als Alleen- und Gartenbaum zu sehen.
Besonderes:
Die Samen enthalten bis zu ca. 20% Triterpensaponine. Es handelt sich um ein Gemisch aus etwa 30 Einzelstoffen. Als entscheidende Komponente dabei gilt das Aescin, welches als Gefäßstabilisator schlechthin angesehen wird:
- Aescin kann die Gefäßwände abdichten und sorgt somit für die Reduktion der Durchlässigkeit. Wasser- und Eiweißansammlungen im umliegenden Gewebe können eingeschränkt bzw. verhindert werden.
- Aescin kann die innere Venenspannung erhöhen.
- Aescin hat gerinnungs- und entzündungshemmende Eigenschaften.
Die Samen enthalten außerdem Stärke, Proteine, Zucker, Gerbstoffe und Öl. In Blüten findet man verschiedene Glykoside, Aescin und Purine, zu denen Adenin und Guanin zählen, die wichtige Bausteine der Erbsubstanz sind. Die Rinde enthält neben Aescin auch Antioxidanzien, wie Quercetin (Vorsicht: mutagen und toxisch) und das unbedenkliche Dihydroquercetin (Taxifolin). Erwähnenswert scheint die Kastaniengerbsäure, welche – wie alle Gerbstoffe – bakteriostatisch und entzündungshemmend wirkt. Durch die austrocknende und zusammenziehende Kraft kann die Oberfläche des Gewebes verdichtet und damit seine Widerstandsfähigkeit gegen Pilze und Bakterien gesteigert werden. Gerbstoffe spielen für die Schleimhaut des Darms durch die Bildung einer Koagulationsmembran (in oberster Schleimhautschicht und im Bindegewebe) eine Rolle, indem die Flüssigkeitsdurchlässigkeit verringert und damit durchfallhemmende Wirkung auftritt. Enthaltenes Aesculin absorbiert ultraviolette Strahlung.
Anwendung:
Medizinisch verwendet werden Extrakte bei Erkrankungen der Venen:
- Besenreiser, Krampfadern, Geschwüre
- Hämorrhoiden, Periphere Durchblutungsstörungen
- Schwellungen und Schweregefühle in den Beinen
Häufig geht der Einsatz bei Ödemen mit auffälliger Besserung einher. Bekannt ist ebenfalls, dass Extrakte der Rosskastanie bei Thrombosevorbeugung (lange Flugreisen, langes berufsbedingtes Stehen) erfolgreich sein können.
Historisches:
Seinen Namen erhielt der Baum wahrscheinlich im Mittelalter. Fuhrleute hatten bemerkt, dass ermüdete Pferde nach dem Fressen von Kastanien wieder aktiv wurden. Noch heute wird ab und an die Kastanie Futtermitteln beigemengt. Früher wurde mit zerkleinerten Samen der Rosskastanie Wäsche gewaschen. Die Saponine (Seifenstoffe) setzen die Oberflächenspannung des Wassers herab, Wasser und Luft ergeben dann die zum Waschen genutzte schäumende Lösung.
Anmerkung:
Knospen der gewöhnlichen Rosskastanie haben regenerierendes, beruhigendes, abschwellendes und entzündungshemmendes Potenzial. Hergestellte Elixiere können bei Neigung zu erweiterten Äderchen hilfreich sein. Beim Einsatz von Fertigarzneimitteln aus den Samen der Rosskastanie (Indikation Ödemneigung und Venenschwäche) empfiehlt sich eine zeitliche Mindestanwendung von ca. 12 Wochen. Als hilfreich hat sich eine Kombination mit einer Teekur erwiesen, wobei dabei Kräutermischungen aus Ackerschachtelhalm‑, Buchweizen- und Schafgarbenkraut sowie Rotem Weinlaub die Wirkung der Rosskastanie verstärken können.
Hinweise:
Bei Kindern unter 12 Jahren, in der Schwangerschaft und Stillzeit sollten Rosskastanienextrakte keine Anwendung finden. Von der Kombination mit anderen blutverdünnenden Arzneien wird abgeraten.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium