Allgemeines:
Das Isländische Moos (auch Isländische Flechte) zählt im botanischen Sinne nicht zur Gruppe der Moose, ist eine strauchartige, bodennahe, etwa 10 cm hohe Pflanze, die zu den Schlüsselflechten gehört. Flechten sind Lebensgemeinschaften (Symbiosen) zwischen höheren Fadenpilzen und Algen. Typischerweise zeichnet sich auch das Isländische Moos, wie alle niederen Pflanzen, durch einen sehr einfachen Bau aus. Beim Thallus handelt es sich um einen vielzelligen, kaum differenzierten und aufrechten Flechtenkörper. Es fallen bandartig verzweigte Abschnitte auf, die zart eingerollt und am Rand gezähnt sein können, womit sie insgesamt einen geweihähnlichen Eindruck erwecken. Je nach Sonneneinstrahlung erscheint die Oberseite grünlich bis dunkelbraun, die Unterseite silbrig weiß mit kleinen randständigen Wimpern. Bei sehr hoher Sonneneinwirkung bilden sich häufig Pigmente, womit sich die Flechte zu schützen versucht. Charakteristisch sind unterseitige kleine Dellen. Erst nach Jahren entwickeln sich kleine, schüsselartige Fruchtkörper auf der Oberseite. Arzneilich genutzt wird die gesamte getrocknete Pflanze.
Das Isländische Moos bevorzugt sonnige, trockene, gemäßigte bis kalte Gebiete. Man findet die Pflanzen z.B. in lichten Wäldern, Heidekrautflächen und auf Magerrasen. Die Verbreitung reicht vom Tiefland bis ins Hochgebirge, z.B. in Skandinavien, Deutschland (Thüringer und Bayrischer Wald), Österreich, Frankreich, der Schweiz, im Kaukasus und in den Balkanländern.
Besonderes:
Das Isländische Moss enthält über 50% Schleimstoffe (Lichenin, Isolichenin). Die Schleime nehmen Wasser auf, wodurch diese aufquellen und eine zähe Lösung bilden. Dadurch begründen sich ihre abdeckenden und einhüllenden Eigenschaften. Gelöste Substanzen (auch Bakterien) werden aufgenommen, die Schleimhäute entgiftet. Schmerz- und entzündungshemmende, juckreizlindernde und schleimhautschützende Effekte sind ebenso hilfreich. Als Füll- und Quellstoffe regen die Schleime die Darmtätigkeit an. Im Zusammenhang mit dem Schleim fördern speziell Bitterstoffe die Bindung von Magensäure und Zersetzungsprodukten im Magen, wodurch entzündungsbelastete Magenschleimhäute Linderung erfahren. Flechtensäuren zeigen antibiotischen Charakter. Die im Isländischen Moos enthaltene Usninsäure kann erfolgreich gegen das Mycobacterium Tuberculosis (Tuberkuloseerreger) eingesetzt werden. Enzyme unterstützen verschiedenen Stoffwechselreaktionen im Körper.
Der Mikronährstoff Iod ist vor allem zum Aufbau von Schilddrüsenhormonen wichtig, muss als Spurenelement mit der Nahrung aufgenommen werden. Vitamin A, B1 und B12 können Mangelerscheinungen vorbeugen helfen.
Anwendung:
Innerlich (Tee, Fertigpräparate, Honig, Saft, Tinkturen) und äußerlich (Gurgeln) bei:
- Trockenem Reizhusten
- Schleimhautreizung im Mund‑, Rachen- und Magenbereich
- Katarrh
- Appetitlosigkeit, Brechreiz
- Akne
Historisches:
Als Nahrungsmittel für Tier und Mensch (Brot, Gemüse) ist das Isländische Moos schon lange in nordischen Ländern bekannt. Die Isländer setzten die Flechte wohl zuerst gegen Lungenleiden, zur allgemeinen Stärkung und gegen Durchfall ein. Bei schlecht heilenden Wunden konnten Erfolge erzielt werden. Erstmals findet Isländisches Moos 1672 im Arzneimittelverzeichnis der Kopenhagener Taxe Erwähnung. Der Arzt und Botaniker Carl von Linné (1707−1778) empfahl Isländisches Moos aus medizinischer Sicht. In der Volksmedizin wurde die Pflanze bei Lungen‑, Nieren‑, Blasenleiden und chronischen Magenbeschwerden eingesetzt. Altbekannte Namen waren z.B. Fiebermoos, Lungenflechte und Blätterflechte.
Anmerkung:
Der im Handel erhältliche Tee stammt aus Wildsammlungen u.a. aus Skandinavien, den Balkanländern und Russland. Isländische Forscher belegten bereits die Wirksamkeit gegen Helibacter pylori und Staphylococcus aureus, was die künftige Erweiterung des Einsatzgebietes bedeuten könnte. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der Europäischen Union hat das Isländische Moos 2014 als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingeordnet.
Hinweis:
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sind nicht bekannt. Bei Kindern unter 6 Jahren empfiehlt sich die ärztliche Konsultation.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium