Allgemeines:
Der Einjährige Beifuß ist eine einjährige, krautige, buschartige und aromatisch duftende Pflanze, die zur Familie der Korbblütengewächse gehört. Vereinfachend wird im Folgenden nur von Artemisia die Rede sein. Die Pflanze wird etwa 50–150 cm hoch, wobei die Stängel rispenartig verzweigt und kahl erscheinen. Die Blätter, an der Spitze leicht gesägt, sind zwei- bis dreifach gefiedert. Der in einer Rispe angeordnete gelbgrüne Blütenstand weist nickende Blütenköpfchen auf. Arzneilich verwendet werden Stängel und Blätter. Der Beifuß braucht viel Wasser und verträgt starke, direkte Sonneneinstrahlung weniger gut. Ursprünglich stammt die Pflanze aus China. Heute wächst sie in China, Nordindien, Südosteuropa, Brasilien und bedingt in Afrika. Als Neophyt (Einwandererpflanze) ist Artemisia in Mitteleuropa verbreitet. In Deutschland sind als Standort Spülsäume der Elbe bekannt.
Besonderes:
Artemisia gilt als überaus gut erforscht, d.h. es konnten mehr als 240 Wirkstoffe isoliert und nachgewiesen werden. Von den ca. 400 Artemisiaarten produzieren nur 3 (besonders Artemisia annua) den sekundären Pflanzenstoff Artemisinin (ein Sesquiterpenlacton). In der Pflanze findet man außerdem 12 Triterpene und mehr als 35 andere Flavonoide. Hier sind besonders die antioxidative Wirkung und die Stärkung des Immunsystems hervorzuheben. Bitterstoffe regen nicht nur die Verdauung und den Stoffwechsel an sondern entschleimen, fördern die Entgiftung und entlasten Leber und Nieren. Ein sehr hoher Vitamin E‑Gehalt schützt z.B. die wichtigen Fettsäuren im Gehirn. Das ausgewogene Aminosäureprofil fördert den Eiweißaufbau im menschlichen Körper. Die vielen verschiedenen Inhaltsstoffe zeigen einen Synergieeffekt, d.h. alle Wirkstoffe zusammen aufgenommen hat eine wesentlich stärkere Wirkung als die Einzelwirkung einer Substanz. Gemeinsam wirken sie antiviral (z.B. bei Hepatitis B- oder C‑Viren, Herpesviren), antibakteriell, antiparasitär, antifungal und antientzündlich. Es gibt viele wissenschaftliche Untersuchungen zur Malaria- und Krebstherapie.
Anwendung:
Äußerlich (Öl) und innerlich (Tee, pulverisiertes Kraut) bei:
- Fettleber, Verdauungsstörungen
- Allergien, Entzündungen
- Viralen und bakteriellen Infektionen
- Malaria
- Verschiedenen Krebsarten.
Historisches:
Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) kennt die Pflanze schon lange. Vor ca. 2000 Jahren wurde die Pflanze in China am Hofe des Kaisers Quin speziell gegen Malaria, die tödliche Fieberkrankheit, genutzt. Der chinesische Arzt Kang entdeckte Artemisia, in China unter dem Namen Qinghao bekannt, als probates Mittel gegen die Symptome Fieber und Schüttelfrost. Sein Rezept war einfach: Eine Handvoll Artemisia in 2 Liter Wasser einweichen, Sud auspressen und trinken. 1967 entdeckte die Pharmakologin Tu Youyou (geb. 1930) das Malariamittel wieder. 2015 wurde sie für ihre jahrelange Forschung an den Wirkstoffen von Artemisia mit dem Nobelpreis für Medizin belohnt. Schwerpunkt der Arbeit war das Parasiten im Blut tötende Artemisinin.
Anmerkung
Das Geheimnis der Wirkung von Artemisinin liegt in seiner Reaktion mit Eisen, das sich in hohen Konzentrationen in Malariaerregern findet. Kommt es in Kontakt mit Eisen, erfolgt eine chemische Reaktion, bei der freie Radikale erzeugt werden. Diese sind die eigentliche Waffe gegen die Erreger. Sie greifen deren Zellmembran an, »sprengen« sie sprichwörtlich und vernichten so die Malariaparasiten. Krebszellen haben einen großen Bedarf an Eisen. Erfolgt nun die Gabe von Artemisinin, wird eine analoge Reaktion wie bei Malaria in Gang gesetzt. Entstandene Sauerstoffradikale führen zum Tod der Krebszellen. Den sekundären Pflanzenstoff Artemisinin nutzt die Pflanze selbst als Schutz gegen Fressfeinde. Diese in Pflanzenhaaren gespeicherte Substanz wirkt bei den Pflanzenschädlingen als wachstums- und zellteilungshemmender Giftstoff.
Hinweise:
Bei der Teeeinnahme auf Eisen- oder Alugefäße verzichten. Blätter möglichst mittrinken.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium