Allgemeines:
Die Virginische Zaubernuss (auch Hamamelis) ist ein sommergrüner, etwa 8 m hoher baumähnlicher Strauch oder Baum mit breiter Krone, der zu den Tiefwurzlern und Zaubernussgewächsen gehört. Die weit ausladenden Äste und der Stamm werden von grauer bis bräunlichroter, behaarter Rinde umschlossen. Später bildet sich hellbraune, oft leicht geschuppte Borke. Wechselständig angeordnet findet man die etwas asymmetrischen, gestielten, etwa herzförmigen Blätter, die 5–7 kleine Härchen tragende Blattnerven aufweisen. Die Blattoberseite zeigt dunkles Grün, die Unterseite ist etwas heller. Arzneilich verwendet werden Rinde und Blätter. Im Herbst, wenn die Gelbfärbung der Blätter oder der Laubfall schon eingesetzt haben, beginnen sich jeweils 1–5 zwittrige Blüten in den Blattachseln zu entfalten. Die schmal länglichen, gelben Kronblätter verströmen einen intensiven, strengen Duft. Nach der Blüte reifen erst im Folgejahr die eiförmigen Kapselfrüchte. Bei vollständigem Reifegrad springen diese im oberen Teil auf. Zwei braunschwarze Samen werden von je einer Kapsel meterweit weggeschleudert, was für die Verbreitung förderlich ist.
Die Virginische Zaubernuss bevorzugt nährstoffreiche, feuchte, eher kalkarme Böden und zeigt sich recht frostresistent. Man findet sie z.B. in sonnigen bis halbschattigen Gebieten von Laub- und Mischwäldern im östlichen Nordamerika, in Ostasien und an der kaukasischen Küste des Schwarzen Meeres.
Besonderes:
Blätter (3–8%) und Rinde (8–12%) enthalten Gerbstoffe (z.B. Gallotannine, Catechingerbstoffe), Proanthocyanidine, Kaffeesäureverbindungen, Gallensäure, die zusammenziehend, entzündungshemmend, die Wundheilung fördernd und blutstillend wirken. Die Durchlässigkeit der zarten Blutgefäße (Kapillaren) wird verringert und das Gewebe verdichtet. Die Gerbstoffe bilden mit Eiweißen eine abdichtende Schicht, die den Krankheitskeimen das Eindringen in den Körper erschwert, entzündliche Prozesse werden gemildert. Die reduzierte Hautdurchblutung und lokale Blutstillung stehen im Zusammenhang mit dem Abschwellen von Ödemen. Gefäßstabilisierende Eigenschaften der Flavonoide führen zur Hemmung der Ausschüttung von Histaminen aus den Zellen, was wiederum allergische Reaktionen unterdrückt. Die Flavonoide zeigen ebenfalls antioxidativen Charakter. Etwas ätherisches Öl unterstützt besonders die entzündungshemmenden, leicht oberflächlich narkotisierenden und juckreizstillenden Wirkungen der Virginischen Zaubernuss.
Anwendung:
Innerlich (Tee, Tinktur) und äußerlich (Bäder, Umschläge, Spülungen, Salben, Creme, Emulsionen, Zäpfchen) bei:
- Neurodermitis, Akne
- trockener und fettiger Haut, Sonnenbrand
- Milchschorf, Windeldermatitis, Hautpilz
- Hämorrhoiden, entzündlichen Wunden im Genitalbereich, im Mund- und Rachenraum
- Krampfaderbeschwerden, Durchfall
Bei trockener Haut (Sebostase) sind gerbstofffreie Produkte, bei fettiger Haut (Seborrhö) Präparate mit den Gerbstoffen und Flavonoiden hilfreich.
Historisches:
Der wissenschaftliche Name Hamamelis entstammt dem Griechischen. „Hamatos melos“ bedeutet hakiger Apfel und weist sicher auf die Fruchtform hin. „Virginiana“ verweist auf den Bundesstaat Virginia in den USA (Herkunft). Andere Namen sind z.B. Hexenhasel, Amerikanische Zaubernuss oder Herbstblühende Zaubernuss. Die Ureinwohner Nordamerikas (Irokesen, Cherokee) nutzten heilpflanzliche Teeaufgüsse der Virginischen Zaubernuss gegen Schmerzen, Hautverletzungen, als Brechmittel und in der Frauenheilkunde. Die europäischen Siedler fertigten aus den Zweigen der Pflanze Wünschelruten, mit deren Hilfe sie Wasserquellen und Gold aufspüren wollten. Als Zierpflanze gelangte die Zaubernuss im 18. Jahrhundert nach Europa, wohl aufgrund ihrer herbst- und winterlichen Blütezeit. Spät wurde zuerst die europäische Volksmedizin auf die heilenden Wirkungen (Durchfall, Entzündungen, Blutstillung) aufmerksam.
Anmerkung:
Studien belegen vergleichbare Behandlungserfolge mit der Virginischen Zaubernuss bei Neurodermitis wie bei der Verabreichung von leichten Glukokortikoidgaben. Verwendete Blätter und Rinde der Pflanze zeigen also kortisonähnliche Wirkung. Als Tee werden die Blätter und die Rinde eher selten ärztlich verwendet, obwohl unspezifische Durchfallerkrankungen, Periodenschmerzen und zu starke Blutungen gut gemildert werden können. Medizinisch findet ausschließlich die Virginische Zaubernuss Anwendung. Andere Arten, wie die Frühlingszaubernuss oder Japanische Zaubernuss gelten als dekorative Zierpflanzen.
Hinweis:
Neben- und Wechselwirkungen sind nicht bekannt.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium