All­ge­mei­nes:

Die Ech­te Schlüs­sel­blu­me (auch Pri­mel oder Frühlings-Schlüsselblume) ist eine mehr­jäh­ri­ge, som­mer­grü­ne, krau­ti­ge und ins­ge­samt dicht be­haar­te Pflan­ze, die zu den Pri­mel­ge­wäch­sen ge­hört. Den Win­ter über­dau­ert die Schlüs­sel­blu­me mit kur­zem, zahl­rei­che Fa­s­er­wur­zeln bil­den­den Wur­zel­stock (Rhi­zom). Im zei­ti­gen Früh­jahr ent­wi­ckelt sich dar­aus eine Blatt­ro­set­te, wo­bei die runz­li­gen, ganz­ran­di­gen Blät­ter zu­nächst rück­wärts ein­ge­rollt sind. Die länglich-eiförmigen Blät­ter wer­den ca. 6 cm lang, wach­sen nach der Blü­te noch wei­ter. Aus der Mit­te der Blatt­ro­set­te ent­wi­ckelt sich ein etwa 20 cm ho­her Stän­gel, an des­sen Ende die hän­gen­den, in­ten­siv gel­ben Blü­ten in ei­ner Dol­de an­ge­ord­net sind. Die hell­grü­nen Kelch­blät­ter der ge­stiel­ten Blü­ten er­schei­nen zu ei­ner Röh­re ver­wach­sen. Die wohl­rie­chen­de 5lappige Blü­ten­kro­ne weist mit­tig oran­ge­gel­be Fle­cken auf. Nach der Blü­te bil­det sich eine bis zu 1cm lan­ge Kap­sel­frucht, die die war­zen­ar­ti­gen Sa­men einschließt.

Die wi­der­stands­fä­hi­ge Ech­te Schlüs­sel­blu­me be­vor­zugt kalk­rei­chen, recht tro­cke­nen Bo­den und son­ni­ge bis halb­schat­ti­ge Ge­bie­te. Sie wächst z.B. auf Halb­tro­cken­ra­sen, in lich­ten Ge­bü­schen, an Bö­schun­gen, in Misch­wäl­dern in Ost- und Zen­tral­asi­en und Mit­tel­eu­ro­pa. Me­di­zi­nisch ver­wen­det wer­den ge­trock­ne­te Wur­zel­stö­cke mit den Sei­ten­wur­zeln und ge­trock­ne­te Blü­ten ein­schließ­lich der Kelchblätter.

Be­son­de­res:

Zu den wir­kungs­vol­len In­halts­stof­fen zäh­len an ers­ter Stel­le die Tri­ter­pens­a­po­nine (3–12%, z.B. A‑Primulasäure), Phe­nol­gly­ko­si­de (z.B. Pri­mu­la­verin), Fla­vo­no­ide und äthe­ri­sches Öl. Cha­rak­te­ris­tisch sind die zä­hen Schleim lö­sen­den und ver­flüs­si­gen­den Ei­gen­schaf­ten im bron­chia­l­en Be­reich, wo­durch das Ab­hus­ten merk­lich er­leich­tert wird. Ur­säch­lich ist die Ak­ti­vie­rung der Ma­gen­schleim­haut, wel­che wie­der­um die Drü­sen­funk­ti­on er­höht. Tri­ter­pens­a­po­nine be­ein­flus­sen Ner­ven­endi­gun­gen so stark, so­dass die Bil­dung von Se­kret im Bron­chi­al­be­reich ein­setzt. Gleich­zei­tig wird die Be­we­gung der Flim­mer­här­chen und der glat­ten Mus­ku­la­tur die­ses Be­rei­ches er­höht, wo­durch der aus­wurf­för­dern­de Ef­fekt er­zielt wird. Be­son­ders Sa­po­nine re­gen die Schweiß­drü­sen an, was spe­zi­ell bei grip­pa­len In­fek­ten über die Haut ent­gif­tend wirkt. Da­ne­ben sind die stoff­wech­sel­an­re­gen­den Ei­gen­schaf­ten auch für Ma­gen, Bauch­spei­chel­drü­se, Le­ber und Nie­ren hilf­reich. Ge­mein­sam mit den Fla­vo­no­iden (se­kun­dä­re Pflan­zen­stof­fe) ver­fü­gen die Sa­po­nine über bakterien‑, pilz- und vi­ren­hem­men­des Po­ten­zi­al. Die Gly­ko­si­de kön­nen im Zu­sam­men­hang mit dem äthe­ri­schen Öl zur Be­ru­hi­gung des Her­zens bei­tra­gen. Die Wur­zeln ent­hal­ten in ge­rin­ger Kon­zen­tra­ti­on Sa­li­cyl­säu­re­gly­ko­si­de, wel­che ge­gen Influenza-A-Viren hilf­reich sein kön­nen. Eben­so ist die ent­zün­dungs­hem­men­de und schmerz­lin­dern­de Ka­pa­zi­tät bekannt.

An­wen­dung:

In­ner­lich (Tink­tur, Tee der Wur­zel, Trocken- und Flui­dex­trak­te als Fer­tig­prä­pa­ra­te) bei:

  • Ka­tarrh der Atem­we­ge, chro­ni­scher Bron­chi­tis, stark aus­wurf­be­las­te­tem Husten
  • fieb­ri­gen Erkältungen
  • Stirn- und Nasennebenhöhlenentzündungen
Schlüsselblume Illustration_Primula_veris

Pri­mu­la ve­ris, Fa­mi­lie Pri­mu­laceae, Prof. Dr. Otto Wil­helm Tho­mé aus »Flo­ra von Deutsch­land, Ös­ter­reich und der Schweiz«, 1885, Gera, www.biolib.de

His­to­ri­sches:

Der bo­ta­ni­sche Name Pri­mu­la be­deu­tet „klei­ner ers­ter Früh­ling“, was si­cher der zei­ti­gen Blü­te im Jah­res­ver­lauf ge­schul­det ist. Der deut­sche Name Pri­mel stellt eine Ver­kür­zung des bo­ta­ni­schen Na­mens der Pflan­ze dar. Im 16. Jahr­hun­dert wur­de das Kraut we­gen der schlüs­sel­bund­ähn­li­chen Blü­ten­an­ord­nung auch als Him­mels­schlüs­sel be­zeich­net. Man ging von der An­nah­me aus, dass die Heil­wir­kung zum Auf­schlie­ßen des Him­mels ge­nutzt wer­den kann. Der Pflan­zen­ken­ner und Apo­the­ker Ja­co­bus Theo­do­rus Ta­ber­naemon­ta­nus (1525−1590) war über­zeugt, dass die Schlüs­sel­blu­me „ge­gen Blöd­haupt, Ge­hirn­ver­schlei­mung und ver­stopf­te Ner­ven“ hilft. Si­cher­lich hier et­was derb be­schrie­be­ne Emp­fin­dun­gen bei ei­ner Na­sen­ne­ben­höh­len­ent­zün­dung. In der Volks­me­di­zin galt die Ech­te Schlüs­sel­blu­me als pro­ba­tes Mit­tel ge­gen Hus­ten, Kopf­schmer­zen, Neur­al­gi­en und Schwä­che­zu­stän­de, Asth­ma und Gicht.

An­mer­kung:

Die eng ver­wand­te, eher blass­gel­be Wald-Schlüsselblume (auch Hohe Schlüs­sel­blu­me) wird 30 cm hoch, duf­tet nicht, kann aber eben­falls me­di­zi­nisch ge­nutzt wer­den. Wur­zel und Blü­ten gel­ten als tra­di­tio­nel­les pflanz­li­ches Arz­nei­mit­tel. Tee­mi­schun­gen mit den Wur­zeln der Ech­ten Schlüs­sel­blu­me kön­nen gut mit Fen­chel­sa­men, Süß­holz und Ha­ge­but­ten kom­bi­niert wer­den. Es gibt über 500 Pri­mel­zucht­for­men, die aus­schließ­lich als Zier­pflan­zen Ver­wen­dung finden.

Hin­weis:

Bei be­kann­ter All­er­gie ge­gen Pri­mel darf die Ech­te Schlüs­sel­blu­me nicht ver­wen­det wer­den. Das Kon­takt­all­er­gen Pri­min könn­te Haut­rei­zun­gen aus­lö­sen. Neben- und Wech­sel­wir­kun­gen sind sonst nicht be­kannt. Die An­wen­dung der Wur­zel bei Kin­dern un­ter 4 Jah­ren soll­te nicht erfolgen.

© Ant­je Hr­di­na ● Heilpflanzenkompendium

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