Allgemeines:
Die Himbeere ist ein mehrjähriger, locker verzweigter, etwa 1–2 m hoher Strauch, der zu den Rosengewächsen gehört. Aufrechte bis überhängende gelbbraune, markhaltige und verholzte Stängel tragen kurze, schwarzrote Stacheln. Die unpaarig gefiederten und gesägten Blätter bestehen jeweils aus 3–7 leicht eiförmigen Teilblättchen, die oberseitig dunkelgrün, unterseitig heller grün und silbrig behaart sind. Arzneilich genutzt werden vor allem junge Blätter und manchmal Triebe, die aus Wildvorkommen Mittel- und Osteuropas stammen. In den Blattachseln wachsen die leicht nickenden, geruchlosen, traubig-rispigen Blütenstände. Die weiß-zartrosafarbenen 5‑zähligen Kronblätter sind eher unscheinbar. Nach der Blüte entwickeln sich leicht säuerlich aromatische, rote, hohle Sammelfrüchte. Diese bestehen aus vielen behaarten Einzelsteinfrüchtchen, die je einen harten Samen einschließen. Die Vermehrung der Himbeere erfolgt über Samen und Wurzelsprosse.
Die Pflanze bevorzugt sauren, eher stickstoffarmen Boden und sonnige Gebiete, an Waldrändern, auf Lichtungen, in Auen und Gebüschen. Je höher ihr Wuchsort, desto aromatischer ist der Geschmack der Beeren. Ursprünglich stammt die Himbeere aus Südosteuropa, wächst heute u.a. in Asien, Europa und Nordamerika wild und in Kultur.
Besonderes:
Die entscheidenden Inhaltsstoffe der Blätter sind wohl die Gerbstoffe, wie Gallo- und Ellagitannine, weshalb die Himbeere auch der Gruppe der Gerbstoffpflanzen zugeordnet wird. Die zusammenziehenden und keimhemmenden Effekte beruhen auf der Abdichtung der Oberfläche der Darmschleimhaut, wodurch die Aufnahme giftiger Stoffe und krankmachender Keime wesentlich erschwert oder verhindert wird. Durchfall lässt nach.
Himbeerblätter haben östrogenähnliches Potenzial, wodurch sie bei Regelanomalien und besonders anfangs der Menopause (Wechseljahre) regulierend eingreifen und eine sinnvolle Alternative zu gebräuchlichen Hormonpräparaten darstellen können.
Fiebersenkende Eigenschaften der Himbeerblätter sind bekannt. Die Flavonoide (Polyphenole) zeigen antioxidativen, antientzündlichen und zellschützenden Charakter. Freie Sauerstoffradikale werden gebunden, wodurch die Oxidation von LDL-Cholesterin verhindert wird, welches ursächlich für Arteriosklerose sein kann. Die Himbeerfrüchte und –blätter enthalten viel Vitamin C, was sich für den Aufbau des Bindegewebes und zur Vermeidung von Mangelerkrankungen als vorteilhaft erweist. Folsäure (aus der Vitamin B‑Gruppe) ist bei der Blutbildung und als Coenzym für verschiedene Stoffwechselreaktionen unerlässlich. Die Himbeere enthält u.a. die Mikronährstoffe Kalzium, Phosphor (Knochenaufbau), Magnesium (Nerven- und Muskelfunktion), Eisen (Sauerstoffbindung und –transport im Blut, Bestandteil von Zellenzymen). Himbeeren sind reich an L‑Tryptophan (Aminosäure), das den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst und somit die Nachtruhe bessern hilft.
Anwendung:
Innerlich (Tee, Saft) und äußerlich (Gurgeln) bei:
- Entzündungen im Mund- und Rachenraum, im Magen- und Darmbereich
- Fieber
- Durchfall
- Hautkrankheiten
- menstruationsbedingten Krämpfen
Historisches:
Bereits in der Steinzeit, der Zeit der Jäger und Sammler, war die Himbeere begehrtes Heil- und Nahrungsmittel. Beistand von guten Geistern für eine ertragreiche Ernte wurde durch Anlegen von Beerenopfersteinen erbeten. Dafür legten die Menschen 3 oder 9 Beeren in eine Vertiefung des Steins. Im Mittelalter erstmals in Klostergärten kultiviert, stellte man wohlschmeckenden Himbeersirup und Heiltee her. Die Volksheilkunde empfahl Himbeerblätter. Als Tee getrunken, sollte bei Schwangeren die Gebärmutter gestärkt und die Geburt erleichtert werden. In Kriegszeiten wurden fermentierte Blätter der Beere zur Herstellung von Schwarztee genutzt.
Anmerkung:
In den Blättern ist mehr Vitamin C enthalten als in den Früchten. Aus den gerbstoffhaltigen, fermentierten Himbeerblättern kann in Kombination mit Brombeer‑, Erdbeer-, Johannisbeer- und Rosenblättern Schwarzer Tee aus heimischen Pflanzen hergestellt werden, was heute wieder an Bedeutung gewinnt. Je nach Zeitpunkt der Ernte unterscheidet man Sommer- und Herbsthimbeere. Bei gezüchteten Sorten können die Beerenfrüchte auch gelb oder schwarz gefärbt sein. Beeren werden auch zu Marmelade, Gelee, Säften und Likör verarbeitet. Himbeerblätter gelten als traditionelles pflanzliches Arzneimittel.
Hinweis:
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sind nicht bekannt. Bei Durchfallbehandlung muss für ausreichende Flüssigkeits- und Mineralstoffzufuhr gesorgt werden.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium