Allgemeines:
Die einjährig krautige, bis zu 55 cm hohe, angenehm aromatisch riechende Echte Kamille gehört zu den Korbblütengewächsen. Weiterhin wird vereinfachend nur von Kamille die Rede sein. Am aufrechten, meist verzweigten kahlen Stängel sitzen die zwei- bis dreifach gefiederten, mit einer Stachelspitze ausgestatteten Blätter. Die Form der Blätter ist oval lanzettlich. Der Blütenstand setzt sich aus ca. 7–130 körbchenartigen Teilblütenständen zusammen. Der Körbchenboden ist hohl und kegelförmig. Die äußeren weißen Blütenblätter sind 6–9 mm lang. Sie erscheinen ab Mitte der Blütezeit umgeschlagen. Die inneren Blüten leuchten gelb. Die nussähnlichen Schließfrüchte (Achänen) sind einsamig, sehr klein und leicht. Die spindelförmige Wurzel weist viele, relativ kurze Faserwurzeln auf.
Genutzt werden vorrangig die Blüten, aber auch das Kraut. Kamille bevorzugt nährstoffreichen Boden und ist sonst anspruchslos. Sie wächst auf Äckern und Wiesen, an Wegen und Böschungen und auf Brachland. Die ursprünglich aus Südosteuropa stammende Kamille wird heute in ganz Europa, Kleinasien, Indien, Iran, Australien und Nordamerika kultiviert. Die bedeutendsten Anbaugebiete liegen im Mittelmeerraum.
Besonderes:
Der entscheidende Bestandteil ist das ätherische Öl, das Kamillenöl. Die blaue Färbung wird vom enthaltenen Chamazulen verursacht. (Der Trivialname Chamazulen ist ein zusammengesetztes Kunstwort aus Chamomilla, lateinisch für Echte Kamille, dem französischen Wort azur für himmelblau, sowie der Endung en für Alken). Außerdem sind z.B. Bisabolol und Matricin im Öl zu finden. Gemeinsam mit den Flavonoiden (z.B. Apigenin und Luteolin) führen sie zu antibakteriellen, pilzhemmenden, entzündungshemmenden, wundheilenden und schweißtreibenden Effekten. Bakteriengifte können inaktiviert werden. Die Blüten sind in der Lage, die Bildung der Magensäure zu hemmen, was auch die Wundheilung unterstützt. Die krampflösenden Eigenschaften der Kamille werden durch Cumarinstoffe und Flavonglycoside bedingt.
Anwendung:
Äußerlich (Bäder, Kompressen) und innerlich (Tee, Inhalationen, Fertigpräparate) bei:
- Entzündungen des Magen-Darm-Trakts, des Anal- und Genitalbereichs, der Brustdrüsen
- Hämorrhoiden
- Durchfall, Blähungen, Brechreiz, Krämpfen
- Infektionen
Historisches:
In der Antike war Kamillensud ein probates Mittel in der Frauenheilkunde. 1588 wird das Öl der Kamille erstmals genau erwähnt. Matricaria wird vom lateinischen Wort »Matrix« (Gebärmutter) abgeleitet. Die volkstümlichere Bezeichnung »Mutterkraut« gibt einen Hinweis auf die häufige Verwendung zur Behandlung von Frauenleiden. 1987 ehrte der Verband Deutscher Drogisten die Kamille zur ersten Arzneipflanze. Als Heilpflanze des Jahres 2002 (NHV Theophrastus) erlangte die Kamille weiter große Aufmerksamkeit.
Anmerkung:
In Teemischungen verwendet man manchmal die Römische Kamille wegen der größeren Blütenköpfe. Die Wirkung ist mit der der Echten Kamille vergleichbar. Von allen Kamillenarten unterscheiden die Echte Kamille der hohle, kegelförmige Blütenboden und der angenehme, leicht apfelartig aromatische Geruch, ausgehend von der ganzen Pflanze.
Hinweis:
Aufgrund der Sesquiterpene darf Kamille nicht im Augenbereich angewendet werden. Sehr selten sind allergische Reaktionen zu erwarten. Kamille kann sehr gut in der Kinderheilkunde eingesetzt werden.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium