Allgemeines:
Der Lein (auch Leinsamen, Leinsaat oder Flachs) gehört zu den Leingewächsen. Die meist einjährige, ca. 40–100 cm hoch wachsende Pflanze ist mit einer dünn-spindelförmigen Wurzel (Pfahlwurzel) im Boden verankert. An den zarten, im oberen Teil verzweigten Stängeln befinden sich die wechselständig angeordneten, schmal lanzettlichen, ungeteilten und ganzrandigen Blätter. Auffallend sind die locker rispigen Blütenstände mit den weiß bis hellblauen, dunkel geaderten fünf Kronblättern, die bereits am Mittag des ersten Blühtages abfallen. Je eine gefächerte Fruchtkapsel enthält 8–10 braunglänzende, eiförmige Samen, die medizinisch genutzt werden. Lein stellt an den Boden keine besonderen Ansprüche, wächst z.B. in Getreidefeldern, auf Schutt und an Wegrändern. Entscheidend ist eine ausreichende Wasserversorgung während der Hauptwachstumsperiode im Mai-Juni. Wahrscheinlich stammt Lein von Linum bienne, einer mehrjährigen Wildart ab. Heute wird die mutmaßlich aus Ägypten und Babylonien stammende Pflanze weltweit kultiviert. Hauptproduzenten der Kulturpflanze sind Kanada, China die USA und Indien. Auch in Deutschland wird die Nutzpflanze verstärkt angebaut, wobei der Zuchttyp Öl-Lein Vorrang hat.
Besonderes:
Die Samen enthalten 30–40% fettes Öl (Oleum Lini), welches sich aus Linolensäure, Linolsäure, Ölsäure, Glyceriden, Palmitin- und Stearinsäure zusammensetzt. Dieses Öl löst die Vitamine A, D, E und K im Körper und sorgt für ihre optimale Verwertung. Das fette Öl ich erheblich am Aufbau von z.B. Gelenkschmiere, Hormonen, Nervenleitungen, Schleimhäuten und Gefäßen beteiligt. Der hohe Schleimgehalt (mit 10% Polysacchariden) sorgt für entgiftende, reizlindernde und säureneutralisierende Eigenschaften. Die abführende Wirkung kann auf die Förderung des Aufquellens des Dickdarminhaltes und damit die Aktivierung der Peristaltik zurückgeführt werden. Andererseits kann der Schleim auch stopfend diesen Darmabschnitt beeinflussen, indem die langkettigen Zucker überschüssiges Wasser und Giftstoffe binden. Die damit verbundene Verdickung des Darminhaltes verlangsamt den Darmdurchlauf. Der Schleim hat ebenfalls reizhemmende Eigenschaften durch Bildung einer Schutzschicht auf Schleimhäuten. Aufmerksamkeit erreicht Lein unbedingt wegen seiner östrogenmodulierenden Wirkung, deshalb können prämenstruelle Beschwerden oder Probleme im Zusammenhang mit der Menopause abgemildert werden.
Anwendung:
Lein kann innerlich und äußerlich angewendet werden. Leinsamenauflagen versprechen Milderung z.B. bei Hauterkrankungen.
Allgemein empfohlen bei:
- Sodbrennen, Gastritis
- Verstopfung, Durchfall
- Hautproblemen wie Ekzeme, Milchschorf, abklingende Schuppenflechte und Gürtelrose
- Entzündungen im Mund-Nasen-Rachenraum
Historisches:
Lein stammt wahrscheinlich vom keltischen Begriff „lin“ für Faden ab. Er wird seit ca. 8.000 Jahren kultiviert und gilt mit als älteste Kulturpflanze, die der Herstellung von Bekleidung diente. Die stabilen Fasern der Rinde des Stängels wurden zur Produktion von verschiedenen Geweben (Leinwand) gebraucht. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts baute man Lein zur Fasergewinnung für Textilien an. Danach wurde die Pflanze durch Nutzung der Baumwolle verdrängt. Öl konnte schon früh zur Herstellung von Ölfarben und Buchdruckerschwärze verwendet werden. Erst später stand Leinsaat als Heilmittel im Fokus der Menschen. Die Heilkundlerin Hildegard von Bingen (1098−1179) empfahl Leinsamen-Kompressen u.a. bei nässenden Ekzemen, Nesselsucht, Neurodermitis, Gürtelrose, Schuppenflechte, Prellungen, rissiger Haut und Verbrennungen. 2005 wurde Lein in Deutschland zur Heilpflanze des Jahres gekürt.
Anmerkung
Die Schale des Leinsamens ist dünn, bildet den charakteristischen Schleim, wenn er in Wasser gelegt oder aufgekocht wird. Beim Zerkleinern der Samen wird etwas Blausäure freigesetzt, die lokal schmerzlindernd wirken kann. Außerdem hemmt diese das Wachstum von Fäulniserregern. Eine Vergiftungswahrscheinlichkeit ist ausgeschlossen. Gern wird Leinsamen geschrotet oder ganz mit z.B. Joghurt oder Müsli konsumiert. Leinsamenauflagen versprechen Milderung z.B. bei Hauterkrankungen. Leinöl ist eine traditionelle Zutat für das Spreewälder Gericht „Pellknollen mit Quark“.
Hinweise:
Oft werden synthetisch hergestellte Arzneien bei chronischer Stuhlträgheit (Obstipation) eingesetzt. Bei längerfristigem Gebrauch kommt es häufig zu folgenschweren Mineralsalzverlusten und Darmreizungen. Leinsaat sorgt auch bei Daueranwendung für geregelten Stuhlgang, ohne den Körper nachgewiesenermaßen negativ zu beeinflussen.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium