Allgemeines:
Die Winter-Linde (auch Steinlinde) ist ein sommergrüner, bis zu 30 m hoher und bis zu 1000 Jahre alt werdender Laubbaum, der zu Malvengewächsen gehört. Eine kräftige, verzweigte Pfahlwurzel stabilisiert und versorgt den Baum mit Wasser und Nährsalzen. Die Rinde des bis zu 3 m dicken Stammes erscheint dunkelgrau und längsrissig, wobei das weißlich bis gelbrötliche Holz fester und härter als das der Sommer-Linde ist. Eine breit ausladende, kugelige und tief herabreichende Baumkrone ist charakteristisch. Kleinere, gestielte, herzförmige und gesägte Laubblätter sind durch die unbehaarte dunkelgrüne Blattoberseite und die blaugrüne Unterseite mit der braunrötlichen Behaarung in den Nervenwinkeln gekennzeichnet. Im Alter von 20–30 Jahren blüht die Winter-Linde erstmalig. Aus den hellbraunen Knospen entwickeln sich Ende Juni/Anfang Juli einhäusige, etwa 3–16blütige, hängende, duftende Blütenstände – die Trugdolden. Jeder gelbweiße Blütenstand ist teilweise mit einem zartgrünen, flügelartigen Tragblatt verwachsen. Medizinisch verwendet werden getrocknete Blütenstände mit den Tragblättern, eher selten Rinde und Laubblätter. Nach der Blüte bilden sich kugelige, behaarte, dunkelbraune, eher harte, mit Längsrippen versehene Kapselfrüchte, die den Samen einschließen.
Die Sommer-Linde bevorzugt nährstoffreichen und kalkhaltigen Boden. Sie wächst in der Ebene und in mittleren Berglagen, vom Atlantik, von Mittel- und Nordeuropa bis zum Ural, von Zentralrussland bis zum Westen Sibiriens. Die Winter-Linde ist häufiger als die Sommer-Linde anzutreffen.
Besonderes:
Die Winter-Linde ist in Bezug auf die Wirkung als Heilbaum mit der Sommer-Linde gleichwertig. Die enthaltenen Schleimstoffe (10%, besonders Arabinogalactane), Flavonoide (2%, besonders Hyperosid), ätherische Öle (z.B. Geraniol, Linalool, Cineol, Farnesol), Gerbstoffe, Kaffeesäurederivate und Glykoside haben schweißtreibende, fiebersenkende, krampflösende, auswurffördernde, entzündungswidrige, beruhigende und schlaffördernde Effekte. Durch die Anregung der Schweißabsonderung aktiviert der Körper gleichzeitig seine Entgiftungskräfte über die Haut. Die sensiblen Schweißdrüsen reagieren bereits auf äußerst geringe Wärmeimpulse, ausgelöst durch Lindenblüten im Tee. Allerdings trägt auch das heiße Wasser zur erhöhten Schweißbildung bei. Positiv ist ebenfalls die Schmerzlinderung durch die Schleime bei hartnäckigem Husten. Leicht antivirale und antibakterielle Eigenschaften von Inhaltsstoffen sind ebenfalls hilfreich, wobei die Gerbstoffe durch ihren zusammenziehenden Charakter den Keimen das Eindringen und die Verbreitung im Körper erschweren.
Anwendung:
Innerlich (Tee, Fertigarzneimittel) und äußerlich (Bäder) bei:
- Fiebriger Erkältung, Reizhusten, Infektionskrankheiten
- Krämpfen im Verdauungstrakt
Lindenblütentee kann auch gut vorbeugend eingesetzt werden.
Historisches:
In der Antike und im Mittelalter wurde die Linde als Heilpflanze nicht verwendet. In der Volksmedizin galt die Pflanze als wassertreibendes, entkrampfendes, appetit- und verdauungsförderndes und beruhigendes Mittel. Lindenholzkohle wurde bei Durchfällen, Fäulniserregern und Vergiftungen im Darm angewendet. Erst im 17. Jahrhundert wurde die schweißtreibende Wirkung entdeckt. In allen Zeiten galt die Linde als Baum des Volkes, Rechtsbaum oder Gerichtslinde. Unter diesem Baum fanden Gerichtsverhandlungen statt. Die Linde steht symbolisch für: Eheliche Liebe, Zärtlichkeit, Sehnsucht, Gerechtigkeit und Heimat.
Anmerkung:
Bei Bronchitis lohnt sich die Kombination mit Huflattichblättern und Malvenblättern aufgrund der schmerzlindernden Schleimstoffe. Den höchsten Wirkstoffgehalt haben die Blüten 1–4 Tage nach dem Aufblühen. Die Trocknung der empfindlichen Blütenstände sollte bei maximal 45°C erfolgen, die Aufbewahrung in luftdicht verschlossenen Behältnissen. Junge Lindenblätter sind aufgrund des feinsäuerlichen Aromas gut für Salate geeignet. Die Blüten lassen sich auch zum Aromatisieren von Limonaden, Sirup oder Gelee verwenden. Lindenholz wird gern für Schnitzereien und zum Drechseln genutzt.
Hinweis:
Neben- und Wechselwirkungen sind nicht bekannt, sehr gute Eignung auch für Kinder.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium