Allgemeines:
Der Echte Lavendel (auch Schmalblättriger Lavendel) ist ein graufilzig behaarter, aromatisch duftender winterharter Halbstrauch, der zu den Lippenblütengewächsen gehört. Aufrecht stehende Zweige erscheinen stark verästelt. Die schmal lanzettlichen, ganzrandigen, etwas nach unten eingerollten Blätter vergrünen mit zunehmendem Alter. Auffallend sind bei diesem Halbstrauch (15−100 cm hoch) neben den nur im unteren Bereich beblätterten Blütentrieben, die in mehrblütigen Scheinquirlen angeordneten violettfarbenen, angenehm duftenden zwittrigen Blüten selbst. Hochblätter, braun oder violett, sind deutlich geadert und mit Grannen versehen. Nach der Blüte entwickeln sich die Klausenfrüchte (Zerfallfrüchte), die in einsamige, braune Teilfrüchte (Klausen) bei Reifung zerfallen. Verwendet werden vorzugsweise die Blüten. Die Pflanze bevorzugt trockene, warme Gebiete, wächst z.B. an Hängen. Ihr natürlicher Verbreitungsraum ist das westliche Mittelmeergebiet bis nach Griechenland. In Frankreich wird Lavendel in großem Umfang zur Lavendelölgewinnung angebaut. In Gärten wird Lavendel gern als Begleitpflanze zu Rosen gepflanzt. Blattläuse können bei Anwesenheit von Lavendel meist ferngehalten werden.
Besonderes:
Getrocknete Lavendelblüten enthalten ca. 12% Gerbstoffe, genauer die Lamiaceengerbstoffe. Ihre speziell den Darm entspannenden Eigenschaften werden geschätzt. Gleichzeitig wird die Gallensaftproduktion aktiviert. Daneben kommen Flavonoide, die zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen, vor. Diese gehören zu den wichtigsten Wirkstoffen in der Phytotherapie. Früher wurde diese Stoffgruppe als Vitamin P bezeichnet, weil Flavonoide, wie z.B. Taxifolin, die Permeabilität (Durchlässigkeit) der Blutgefäße regelt und optimiert. Die Flavonoide befinden sich in sonnenbestrahlten Teilen der Pflanze, um vor UV-Licht zu schützen.
Diese Tatsache nutzt auch der Mensch hinsichtlich der Anwendung. Die enthaltenen Furanocumarine gehören ebenso zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe, haben einen leicht bitteren Geschmack und riechen nach frischem Heu. Diese Cumarine können karzinogen (krebserregend) wirken, deshalb ist die exakte Dosierung von Präparaten wichtig. Die ätherischen Öle (1–3%) Linalylacetat und Linalool sind in erster Linie für die positive Wirkung von Lavendel zuständig. Das Öl beeinflusst über die Nase direkt das Zentralnervensystem, welches zur Ausschüttung des Neurotransmitters (informationsvermittelnde Substanz zwischen Nervenzellen) Serotonin führt. Serotonin wirkt beruhigend und schlaffördernd. Das ätherische Öl wirkt außerdem keimhemmend, antirheumatisch, blähungsmindernd und entkrampfend. Da es fettlöslich und chemisch gesehen kleinmolekular ist, kann es leicht die Haut, auch Schleimhaut durchdringen und in den Blutstrom oder Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden, um dort die positiven Wirkungen zu entfalten.
Anwendung:
Lavendel findet äußerlich und innerlich Anwendung. Das Öl ist gut einsetzbar bei Sonnenbrand und Verbrennungen. Es fördert die Regeneration, ist entzündungswidrig und schmerzlindernd (auch in Verbindung mit Johanniskrautöl und Sanddornfruchtfleisch). Wesentliche Anwendungsgebiete:
- Nervosität, Nervenschwäche, Unruhe, Schlafstörungen
- Kopfschmerzen, Herzbeschwerden, Rheuma, Gicht
- Funktionelle Appetitlosigkeit, Magen- und Darmprobleme
- Leber- und Milzerkrankungen
Historisches:
Lavandula ist wahrscheinlich vom lateinischen lavare – waschen abgeleitet. Aber anders als bei saponinhaltigen Pflanzen, die durch Senkung der Oberflächenspannung des Wassers wirklich dann schäumend zur Reinigung beitragen, ist es der Duft, der die Illusion der Reinigung schafft. Der Duft vermittelte schon im Mittelalter das Gefühl der Harmonie, wahrscheinlich verursacht durch die entspannende Wirkung der Inhaltsstoffe. Lavendel war hilfreich gegen Liebeskummer, den Teufel und Verhexung. Ach ja, die Liebe:
=> Begehrte Ludwig XIV eine Dame, ließ er ihr ein in Ambra getauchtes Lavendelzweiglein zukommen.
=> Ein Parfüm aus Lavendel, Citrusöl und Bergamotte war der Liebesduft zwischen Josephine und Napoleon.
Die Vorliebe für Lavendelduft blieb in Frankreich bis heute erhalten.
Anmerkung:
Bei trockener, juckender Kopfhaut lohnt sich eine Haarpackung aus gestampften Stiefmütterchenwurzeln, Lavendelblüten und Petersilie mit wenig Wasser vermischt. Lavendelseife bei empfindlicher Haut kann sich ebenfalls günstig auswirken. Kräutertinkturen aus Lavendelblüten, Passionsblume, Mistelkraut und Weißdorn beruhigen.
Hinweis:
- Lavendelöl sollte stets verdünnt Anwendung finden, sonst sind leichte Reizungen der Haut möglich.
- Das Öl darf nicht in die Nähe von Mund und Nase von Kleinkindern und Menschen mit Asthma gelangen, weil die Gefahr der Atemnot gegeben ist.
- Längerfristige Anwendung von Lavendelöl kann (sehr selten) östrogene Effekte haben.
© Antje Hrdina ● Heilpflanzenkompendium